27 Jul Grundlagenpapier für AGG-Reform in der Kritik
Der Arbeitgeberverband Osthessen e.V sieht es als unbedingt erforderlich an, über das gesetzgeberische Vorhaben des Bundes einer Reform und Ausweitung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) bereits jetzt schon zu informieren:
Dazu führt AGV-Geschäftsführer Manfred Baumann aus: „Laut Koalitionsvertrag will die Bundesregierung ‚Schutzlücken im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) schließen, den Rechtsschutz verbessern und den Anwendungsbereich ausweiten‘. Dazu hat die am 07.07.2022 vom Bundestag gewählte Antidiskriminierungsbeauftragte Ferda Ataman Vorschläge vorgelegt. Das anliegende Grundlagenpapier enthält 19 Forderungen, deren Umsetzung sich auch auf den Bereich der Arbeitswelt auswirken würde.
Im Einzelnen sind dies:
- Aufnahme weiterer Diskriminierungsmerkmale: Soziale Herkunft, Fürsorgeverantwortung, Staatsangehörigkeit
- Verlängerung der Klagefrist auf 12 Monate
- Erleichterungen bei der Beweislast
- Einführung eines Verbandsklagerechts für Antidiskriminierungsverbände
- Einführung eines „altruistischen Klagerechts“ für die ADS-Leitung für Fälle, in denen es keinen Kläger gibt
- Einführung eines verpflichtenden Schlichtungsverfahrens bei der ADS, wenn der Betroffene dies wünscht
- Erweiterung des arbeitsrechtlichen Anwendungsbereichs in § 6 Abs. 1 AGG um Freiberufler und Freiwilligendienstleistende. Zur Klarstellung sollen zudem Praktikanten aufgenommen werden. Der Diskriminierungsschutz beim Einsatz von Beschäftigten in Fremdbetrieben nach § 6 Abs. 2 AGG soll für alle Formen von Fremdpersonaleinsatz gelten
- In § 13 AGG sollen Mindeststandards für das betriebliche Beschwerdeverfahren sowie konkrete Befugnisse der Beschwerdestellen normiert werden. Das Fehlen von Beschwerdestellen soll als Indiz für eine Benachteiligung normiert werden. Für KMU sollen überbetriebliche Beschwerdestellen geschaffen werden können
- Das Handeln durch automatisierte Entscheidungssysteme (ADM) soll als Benachteiligungstatbestand in § 3 AGG aufgenommen werden
- Behinderung: Die Verweigerung angemessener Vorkehrungen soll eine Benachteiligung im Sinne des AGG sein. Ein Verstoß gegen eine Verpflichtung zur Herstellung von Barrierefreiheit soll als Indiz für das Vorliegen einer Benachteiligung gewertet werden
- Die Möglichkeit, Mindest- und Höchstanforderungen an das Alter von Beschäftigten zu stellen, soll gestrichen werden
- Die kirchenrechtlichen Privilegien im AGG sollen gestrichen werden
- Die Beschränkung auf Massengeschäfte oder massengeschäftsähnliche Geschäfte in § 19 Abs. 1 AGG soll gestrichen werden
- Die Möglichkeit, Versicherungsnehmer wegen der Religionszugehörigkeit oder der sexuellen Identität unterschiedlich zu behandeln (§ 20 Abs. 2 S. 2 AGG), soll gestrichen werden. Versicherungen sollen in § 20 Abs. 2 AGG verpflichtet werden, Auskunft über die Risikokalkulation zu geben, wenn der Vertragsschluss deswegen verweigert wird oder dies zu höheren Prämien führt
- Die Aufnahme eines Gebots zur Förderung der Wertschätzung von Vielfalt und Verhinderung und Beseitigung jeder Form von Diskriminierung für öffentliche Stellen des Bundes
In seiner ersten Bewertung erläutert Manfred Baumann: „Eine Ausdehnung des AGG schafft neue erhebliche Belastungen für die Arbeitswelt. Das widerspricht dem Vorhaben der Bundesregierung, bürokratische Hürden abzubauen. Die damit vorgesehene Erweiterung des AGG ist deshalb strikt abzulehnen. Die soziale Herkunft als Diskriminierungsmerkmal kann nicht stichhaltig nachgewiesen werden. Das Kriterium ist uferlos. Besonders befremdlich wirkt der Vorschlag, ein Klagerecht für Antidiskriminierungsverbände zu schaffen, wo es gar keine Diskriminierten gibt, sondern nur ein Verband meint, eine Diskriminierung zu fühlen.“
Und weiter heißt es: „Mit einem Referentenentwurf wird noch in diesem Jahr gerechnet. Die Federführung liegt beim Bundesministerium der Justiz. Die Arbeitgeberverbände werden sich über die Dachverbände entsprechend einbringen und unsere Vorbehalte artikulieren.“