Erschwerniszulagen für Betriebsratsarbeit unter erschwerten Bedingungen

Nach Aussage des Arbeitgeberverbandes Osthessen e.V. gibt es in der betrieblichen Praxis immer wieder Probleme bei der Frage, welche Vergütung und mit welchen Bestandteilen an freigestellte Betriebsratsmitglieder zu zahlen ist.

Der AGV-Geschäftsführer Manfred Baumann weist auf das Landesarbeitsgericht Hessen unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtshin, das für mehr Klarheit sorgt. Zusammenfassend erläutert der Jurist: „ Danach hat ein freigestelltes Betriebsratsmitglied nur dann Anspruch auf Zuschläge wegen Nacht-, Sonntags- oder Feiertagsarbeit sowie auf eine Rufbereitschaftspauschale, wenn er die Betriebsratsarbeit auch unter den erschwerten Bedingungen erbringt. Führt er die Betriebsratstätigkeiten hingegen ausschließlich zu üblichen Bürozeiten von Montag bis Freitag aus, stehen ihm die Zulagen nicht zu, auch wenn er vor der Freistellung entsprechend gearbeitet und Zuschläge erhalten hat.“

Zum Sachverhalt: Der Kläger ist Mitglied des bei dem Beklagten, einem gemeinnützigen Verein, der unter anderem einen Rettungsdienst betreibt, gebildeten Betriebsrats. Der Kläger war seit dem Jahr 2020 zunächst mit einem Zeitanteil von 80 % von der Arbeitsleistung freigestellt, seit dem Jahr 2022 ist er vollständig freigestellt. Vor Beginn der Freistellung war der Kläger als Notfallsanitäter ausschließlich in Wechselschicht tätig. Die Betriebsratstätigkeiten führt der Kläger regelmäßig zu üblichen Bürozeiten von Montag bis Freitag aus, in denen er weder Zuschläge für Nacht-, Sonntags- oder Feiertagsarbeit noch eine Rufbereitschaftspauschale verdienen kann. Der Kläger hat die Ansicht vertreten, ihm stünden Zulagen und Pauschalen in dem Umfang zu, wie er sie im Schichtsystem des Beklagten verdient hätte, wäre er weiterhin wie vor seiner Freistellung tätig, und hat vor dem Arbeitsgericht Kassel Klage auf Zahlung erhoben. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich der Kläger mit seiner Berufung.

Manfred Baumann: „Im Ausgangspunkt gilt, dass Zuschläge, die aufgrund von Erschwernissen ,beispielsweise Nachtarbeit, Rufbereitschaftspauschale gewährt werden, nur dann zu zahlen sind, wenn die Arbeit tatsächlich unter erschwerten Bedingungen erbracht wird. “ In seiner Entscheidung setzte sich das LAG Hessen mit der Frage auseinander, inwieweit dies auch entsprechend für freigestellte Betriebsräte gilt. Für diese besteht ein Benachteiligungsverbot, normiert in § 78 S. 2 BetrVG. Demnach sollen sie wegen ihrer Tätigkeit im Betriebsrat nicht schlechter gestellt werden als zuvor. Das Benachteiligungsverbot wird durch den Entgeltfortzahlungsanspruch konkretisiert. So ist gemäß § 37 Absatz 2 BetrVG freigestellten Betriebsratsmitgliedern ihr Arbeitsentgelt weiterhin zu zahlen. Dies umfasst grundsätzlich auch Zuschläge wegen Mehr-, Über-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit, welche für die Erschwernis der Arbeit zu ungünstigen Zeiten gewährt werden.

Das LAG Hessen hat dennoch die Berufung zurückgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Zahlung der begehrten Zuschläge und Pauschalen. Ein solcher Anspruch ergebe sich nicht aus § 37 Absatz II BetrVG. Diese Vorschrift begründe keinen eigenständigen Vergütungsanspruch, sondern sichere den Entgeltanspruch des Betriebsratsmitglieds aus § 611a Absatz II BGB. Das Arbeitsentgelt sei danach nach dem Lohnausfallprinzip fortzuzahlen. Die geltend gemachten Zulagen und Pauschalen stünden dem Kläger nicht zu, da er seine Betriebsratstätigkeit nicht zu Zeiten erbracht habe, zu welchen diese verdient werden konnten. Ein Anspruch folge auch nicht aus § 37 Absatz IV BetrVG, da eine nach dieser Norm allein erfasste Entgelterhöhung nicht geltend gemacht werde. Schließlich ergebe sich ein Zahlungsanspruch auch nicht aus § 78 S. 2 BetrVG. Eine Schlechterstellung des Klägers liege nicht vor, da ihn die besonderen Erschwernisse und Belastungen, die durch Zahlung der Zulagen und Pauschalen abgegolten werden sollen, infolge der geänderten Arbeitszeiten nicht mehr träfen.

Abschließend betont der AGV-Geschäftsführer: „ Das Urteil des LAG Hessen stellt die konsequente Fortführung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes (BAG) dar. Das BAG hatte in einer Leitsatzentscheidung aus dem Jahr 2016 entsprechend für einen Fall entschieden, in dem die geänderten Arbeitszeiten des freigestellten Betriebsratsmitglieds auf einer Vereinbarung mit dem Arbeitgeber beruhten .Damit kann erst recht nichts anderes in Fällen wie dem vorliegenden Fall gelten, in denen die geänderte Arbeitszeit vom freigestellten Betriebsratsmitglied eigenverantwortlich gewählt wurde.“ Und weiter heißt es: „ Der Anspruch umfasst lediglich das Arbeitsentgelt, das das freigestellte Betriebsratsmitglied erhalten hätte, wenn es für den konkreten Zeitraum der Freistellung regulär gearbeitet hätte . Anspruch auf Erschwerniszulagen während der Freistellung kann damit nur bestehen, soweit die Betriebsratsarbeit auch unter entsprechenden Bedingungen verrichtet wird. Dass die Betriebsratstätigkeit zumindest weit überwiegend – etwa aufgrund der erforderlichen Erreichbarkeit für die Belegschaft – nicht sinnvoll außerhalb der üblichen Geschäftszeiten geleistet werden kann und ein freigestelltes Betriebsratsmitglied, das zuvor vorwiegend zu anderen Zeiten tätig war, somit das zuvor erhaltene Gesamtmonatsentgelt ggf. nicht mehr erreichen kann, stellt keine Schlechterstellung dar, sondern ist allein Folge der geänderten Arbeitszeitlage.“