Möglicherweise nicht ordnungsgemäße Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen – Ergänzung

Mit mehreren Rundschreiben hatte der Arbeitgeberverband Osthessen e.V. auf möglicherweise nicht ordnungsgemäße Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (AU) hingewiesen. Der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) ist nun der Privatarzt per Telemedizin Hina Alber bekannt geworden. Vermutlich wird auch hier eine „AU ohne Arztgespräch“ angeboten. Dabei werden im Anschluss an ein Click-through-Verfahren zur „Anamnese“ AU-Bescheinigungen ausgestellt. Eine solche AU-Bescheinigung entspricht grundsätzlich nicht deutschem Recht, nach dem ein Arzt-Patienten-Kontakt erforderlich ist und kann deshalb auch keinen Entgeltfortzahlungsanspruch eines Arbeitnehmers auslösen.

Dazu erläutert Manfred Baumann als AGV-Geschäftsführer: „Auffallend ist, dass diese AU-Bescheinigungen optisch an den früheren „gelben Schein“ erinnern, aber auch bei gesetzlich Versicherten die Angabe „Privatarzt“ enthalten und nicht als eAU ausgestellt werden.

Aufgrund der Telefonvorwahl hat eine Anfrage an die Ärztekammer des Saarlandes ergeben, dass eine Ärztin oder ein Arzt mit dem Namen Hina Alber nicht bei der Ärztekammer des Saarlandes gemeldet ist. Die Ausübung der ambulanten Heilkunde – hierzu zählt auch das Ausstellen von Attesten, Arbeitsbescheinigungen oder Rezepten – ist an die Niederlassung in einer ärztlichen Praxis gebunden. Die Ärzte müssen die Aufnahme der Tätigkeit bei der Ärztekammer anzeigen. Daher ist davon auszugehen, dass es sich bei der Person nicht um einen im Saarland tätigen Arzt handelt. Es liegen auch keine Erkenntnisse vor, ob es sich bei dem Aussteller überhaupt um einen Arzt handelt. “

Grundsätzlich können die Beschäftigten entscheiden, welche Ärztinnen und Ärzte sie für eine Krankschreibung konsultieren. Diese müssen auch nicht an der kassenärztlichen bzw. vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen; ärztliche Bescheinigungen können auch von privatärztlich Tätigen ausgestellt werden. Es muss sich allerdings um approbierte Ärztinnen und Ärzte handeln. Die Ausübung der ärztlichen Tätigkeit in Deutschland ist gemäß § 2 Bundesärzteordnung nur mit einer gültigen Approbation oder Berufserlaubnis möglich. Bei Ausübung der ärztlichen Tätigkeit besteht Pflichtmitgliedschaft in einer der insgesamt 17 Landesärztekammern in Deutschland. Ob die oben genannte Person diese Voraussetzung überhaupt erfüllt, ist nicht bekannt.

Der Jurist betont: „Arbeitgeber sollten deshalb privatärztliche AUs von gesetzlich Versicherten besonders sorgfältig auf ihre Rechtmäßigkeit prüfen – auch wenn sie auf einem vertragsarztähnlichen Formular vorgelegt werden.

Bei Zweifeln des Arbeitgebers an der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung kann sich dieser an die zuständige Krankenkasse des Mitarbeiters wenden. Er hat mithin gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen einen entsprechenden Anspruch. Eine nähere Begründung der Zweifel des Arbeitgebers ist indes nicht erforderlich, jedoch sicherlich hilfreich. Die gesetzlichen Krankenkassen können zur Beseitigung von Zweifeln an einer Arbeitsunfähigkeit verpflichtet sein, eine gutachtliche Stellungnahme durch den Medizinischen Dienst einzuholen . Der Arbeitgeber selbst kann verlangen, dass die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes zur Überprüfung der Arbeitsunfähigkeit einholt .“