Omnibus-I-Richtlinie: Allgemeine Ausrichtung im Rat der EU

Nun also doch: Nachdem sich viele Verbände und Unternehmen lange über das geplante EU-Lieferkettengesetz (CSDDD) beklagt haben, reagiert die EU-Kommission und will das Gesetz um ein Jahr verschieben und deutlich abschwächen. So lautet eine Information des Arbeitgeberverbandes Osthessen e.V. und es wird nachfolgend dargestellt:

Am 23. Juni 2025 hat der Rat für Allgemeine Angelegenheiten einer Allgemeinen Ausrichtung zur Omnibus-I-Richtlinie (KOM (2025) 81) zugestimmt und somit sein Verhandlungsmandat für die Trilog-Verhandlungen mit der Kommission und dem Europäischen Parlament (EP) festgelegt. Die Richtlinie dient der Vereinfachung der Lieferkettenrichtlinie (CSDDD). der Nachhaltigkeitsberichterstattungsrichtlinie (CSRD) und der Taxonomie-Verordnung (TAX-VO). Wie der AGV-Geschäftsführer Manfred Baumann ausführt, sei der finale Rechtstext noch nicht bekanntgeworden, dennoch seien arbeitgeberrelevante Punkte hervorzuheben:

CSRD:

  • Anwendungsbereich: Dem Kommissionsvorschlag folgend soll die Mitarbeiterschwelle auf 1000 Beschäftigte erhöht und börsennotierte KMU aus dem Anwendungsbereich ausgenommen werden. Zusätzlich führt der Rat als einziges finanzielles Kriterium eine Umsatzschwelle von über 450 Mio. € ein. (Art. 2)
  • Überprüfungsklausel: Die Umsetzung der CSRD soll künftig regelmäßig bewertet werden. Dabei soll geprüft werden, ob genügend Daten für grüne Investitionen offengelegt werden und wie sich die Berichtspflichten auf die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen auswirken. Sollte in diesem Rahmen der Anwendungsbereich der CSRD erweitert werden, muss im Sinne des Verhältnismäßigkeitsprinzips die Einführung vereinfachter Berichtsoptionen geprüft werden, um unnötige Belastungen zu vermeiden. (Art. 6, Erwägungsgrund 19aa)

CSDDD:

  • Anwendungsbereich: Der Rat will den Anwendungsbereich der Lieferkettenrichtlinie deutlich einschränken. So soll die Richtlinie in Zukunft nur für Unternehmen mit über 5000 Beschäftigten und einem weltweiten jährlichen Nettoumsatz von mehr als 1,5 Mrd. € (Art. 2).
  • Überprüfung direkter Geschäftspartner: Wie durch die Kommission vorgeschlagen, beschränkt der Rat die Prüfung tatsächlicher und potenziell nachteiliger Auswirkungen auf direkte Geschäftspartner (sog. Tier-1) und konkretisiert, dass diese Prüfung einem risikobasierten Ansatz folgen muss, der insbesondere Bereiche berücksichtigt, bei denen entsprechende Auswirkungen am wahrscheinlichsten sind (Art. 8 Abs. 1 und 2).
  • Überprüfung indirekter Geschäftspartner: Eine entsprechende Überprüfung indirekter Geschäftspartner soll nur dann erfolgen, wenn objektive und überprüfbare Informationen vorliegen, die auf nachteilige Auswirkungen hindeuten (Art. 8 Abs. 2a). Nach unserer Kenntnis sind darunter belegbare, Daten aus Quellen wie Regierungsstellen, wissenschaftlichen Studien, Nichtregierungsorganisationen oder internationalen Organisationen zu verstehen.
  • EU-weite Harmonisierung: Die von der Kommission vorgeschlagene Harmonisierung von Kernvorschriften der Richtlinie, um eine EU-weit gleiche Umsetzung zu erreichen (Art. 4 Abs. 1), wurde vom Rat nicht um weitere Vorschriften erweitert. Es soll Mitgliedstaaten auch weiterhin möglich sein außerhalb dieser Kernvorschriften, strengere oder spezifischere Regelungen zu schaffen, die über die Richtlinie hinausgehen (Art. 4 Abs. 2).
  • Sanktionen: Die Mitgliedstaaten müssen sicherstellen, dass finanzielle Sanktionen auf maximal 5 % des weltweiten Nettoumsatzes des Unternehmens festgesetzt werden (Art. 27 Abs. 4).
  • Streichungen: Der in der ursprünglichen CSDDD festgelegte Haftungstatbestand (Art. 29 Abs. 1) sowie die Klagebefugnis von Gewerkschaften und Nichtregierungsorganisationen (Art. 29 Abs. 3 lit. d)) sollen gestrichen werden.


Wann die Trilog-Verhandlungen beginnen können, hängt vom EP ab. Der zuständige Rechtsausschuss muss zunächst seinen Bericht abschließen. Dem Vernehmen nach wird das im Oktober der Fall sein, sodass Trilog-Verhandlungen frühestens im Herbst beginnen können.

In einer ersten Bewertung verdeutlicht der Jurist: „Der Rat hat angesichts der schwindenden Wettbewerbsfähigkeit in Europa die richtige Entscheidung getroffen, die Richtlinien deutlich zu vereinfachen. Eine bürokratische Entlastung und Simplifizierung sind dringend notwendig, damit Unternehmen nicht weiter überfordert werden. Weite Teile des Mittelstandes würden von überflüssigen bürokratischen Pflichten befreit. Wichtig ist, dass der Gesetzgebungsprozess rasch zu einem Abschluss kommt und auch das Europäische Parlament ambitionierte Vorschläge macht. “

Die Anpassung des Anwendungsbereichs bei der CSDDD auf Unternehmen mit 5000 Beschäftigten würde dafür sorgen, dass deutlich weniger Unternehmen von der Richtlinie betroffen sind, als dies aktuell der Fall ist. Auch die Beschränkung auf direkte Geschäftspartner und Berücksichtigung des risikobasierten Ansatzes bei der Prüfung nachteiliger Auswirkungen w erde Unternehmen im Vergleich zu den geltenden Vorschriften entlasten. Der Rat hätte allerdings den Harmonisierungsartikel weiter anpassen müssen, um Rechtsunsicherheiten im Binnenmarkt und sog. Gold-Plating bei der nationalen Umsetzung zu verhindern. Es bleibt aber abzuwarten, ob die Anwendung von objektiven und überprüfbaren Informationen bei der Prüfung indirekter Geschäftspartner praxisnah und tatsächlich objektiv erfolgt.

„Mit der Vervierfachung der Mitarbeiterschwelle und der Einführung eines einzigen, erhöhten finanziellen Schwellenwerts setzt die neue CSRD positive Akzente zur Entlastung. Allerdings sehen wir die neu eingeführte Überprüfungsklausel zur potenziellen Ausweitung des Anwendungsbereichs kritisch: Sie birgt das Risiko einer künftigen Bürokratisierung und schafft Unsicherheit für unsere Unternehmen. Entscheidend bleibt, dass der delegierte Rechtsakt zu den Berichtsstandards (ESRS) grundlegend überarbeitet wird. Ohne eine Vereinfachung der Berichtsinhalte werden die positiven Anpassungen im Anwendungsbereich nicht ihre volle Wirkung entfalten können. “