01 Aug. Pflegeversicherungsbeitrag: DaBPV – Grenzen der melderechtlichen Korrekturmöglichkeit und Information des BZSt zum Umgang mit sogenannten „Differenzkindern“

Wie der Arbeitgeberverband Osthessen e.V. nochmals mitteilt, erhalten Versicherte seit 01.07.2023 Versicherte mit mehreren Kindern ab dem zweiten bis einschließlich zum fünften Kind für jedes dieser Kinder einen Abschlag in Höhe von 0,25 Beitragssatzpunkten auf ihren Pflegeversicherungsbeitrag. Dieser Abschlag gilt jeweils bis zum Ende des Monats, in dem das betreffende Kind sein 25. Lebensjahr vollendet.
Wie der AGV-Geschäftsführer Manfred Baumann mitteilt, konnten während eines Übergangszeitraums vom 01.07.2023 bis zum 30.06.2025 Angaben zu den Kindern über ein vereinfachtes Selbstauskunftverfahren eingeholt werden. „Nach § 124 SGB IV müssen seit dem 1. Juli 2025 Arbeitgeber und Zahlstellen, welche die Schnittstelle zum Arbeitgeberverfahren der Datenstelle der Rentenversicherung (DSRV) nutzen, verpflichtend am Datenaustauschverfahren zur Beitragsdifferenzierung in der sozialen Pflegeversicherung (DaBPV) teilnehmen und Initialanfragen für Mitarbeitende oder Versicherte übermitteln. Die Meldung hat spätestens bis zur Entgeltabrechnung Dezember 2025 zu erfolgen .“
Und weiter führt der Jurist aus: „Im Zusammenhang mit den sogenannten „Differenzkindern“ kann es im Rahmen dieses Verfahrens dazu kommen, dass der beitragsabführenden Stelle keine Angaben zur Elterneigenschaft oder zur Anzahl der Kinder übermittelt werden – selbst, wenn diese Informationen zu erwarten wären. Diese Diskrepanz ergibt sich daraus, dass der zugrunde liegende steuerliche Datenbestand nicht sämtliche sozialrechtliche Fallkonstellationen vollständig abbildet. Ebenso ist denkbar, dass bei der Initialanfrage festgestellt wird, dass bei der Ermittlung des kinderzahlabhängigen Beitragsabschlags eine überhöhte Kinderzahl berücksichtigt wurde. Vor diesem Hintergrund möchten wir Sie über die Grenzen der melderechtlichen Korrekturmöglichkeiten sowie über die Empfehlungen des Bundeszentralamts für Steuern (BZSt) zum Umgang mit Differenzkindern informieren. “
- Grenzen der melderechtlichen Korrekturmöglichkeit
Im Zuge der schrittweisen Einführung des Digitalen Antrags- und Bestätigungsverfahrens Pflegeversicherung (DaBPV) hat die BDA den GKV-Spitzenverband kontaktiert. Ziel dieser Anfrage war es, eine konkrete Auslegung des § 124 SGB IV zu erhalten – insbesondere in Fällen, in denen ein Arbeitgeber fehlerhafte Angaben im vereinfachten Verfahren gemacht hat und dies sich auf die Beitragshöhe zur Pflegeversicherung auswirkt.
Zur Veranschaulichung wurde ein Praxisbeispiel herangezogen:
Ein Arbeitgeber meldet eine seit dem Jahr 2024 beschäftigte Arbeitnehmerin im Dezember 2025 zum DaBPV an, und damit im zulässigen Zeitraum gemäß § 124 SGB IV. Als Startdatum der Anmeldung wird der 1. Juli 2025 angegeben. Im vereinfachten Verfahren gab die Arbeitnehmerin versehentlich ein Kind zu viel an. Aufgrund dieser fehlerhaften Information erfolgt ein zu geringer Beitragseinzug zur Pflegeversicherung – statt des korrekten Satzes von 3,35 % wurden nur 3,1 % abgeführt.
Nach den Gemeinsamen Grundsätzen der GKV zum DaBPV gilt im Übergangszeitraum vom 1. Juli 2023 bis zum 30. Juni 2025 eine Besonderheit: Angaben im vereinfachten Verfahren gelten als erbracht, selbst wenn sie objektiv falsch sind. Eine rückwirkende Korrektur zu Lasten des Mitglieds ist in diesem Zeitraum nicht vorgesehen. Somit besteht für den Zeitraum bis Ende Juni 2025 keine Korrekturnotwendigkeit.
Ab Juli 2025 ändert sich die rechtliche Lage. Für die Monate Juli bis November 2025 ist eine Korrektur erforderlich, da die falschen Angaben nun nicht mehr durch die vereinfachte Regelung gedeckt sind. Für Dezember liegt bereits eine korrekte Abrechnung vor. Die Korrektur richtet sich materiell-rechtlich nach § 28g SGB IV. Demnach darf ein unterbliebener Abzug des Arbeitnehmeranteils nur in den drei folgenden Abrechnungen nachgeholt werden – es sei denn, der Arbeitgeber trägt keine Verantwortung für den unterlassenen Beitragsabzug. In diesem Fall wäre ein weitergehender Rückgriff möglich (vgl. § 28g Satz 4 SGB IV).
Im konkreten Fall bedeutet dies, dass der fehlende Beitragsanteil für die Monate September, Oktober und November 2025 grundsätzlich nachträglich von der Arbeitnehmerin – jeweils unter Wahrung der Dreimonatsfrist – einbehalten werden darf. Für die Monate Juli und August 2025 trägt jedoch der Arbeitgeber das Beitragsrisiko, es sei denn, die falsche Angabe beruht auf einem Verschulden der Arbeitnehmerin. Hier kann dem Grunde nach § 28o SGB IV herangezogen werden. Fraglich ist in dem vorliegenden Beispielsfall allerdings, ob die späte Anmeldung – die erst im Dezember erfolgte, aber innerhalb der Frist des § 124 SGB IV liegt – Einfluss auf die Bewertung und Rückgriffsmöglichkeiten des Arbeitgebers hat.
Ob eine Nachholung über den Dreimonatszeitraum hinaus zulässig ist, muss durch den Arbeitgeber jeweils einzelfallbezogen geprüft werden. Dabei sind insbesondere die Voraussetzungen des § 28g Satz 4 SGB IV und das Innenverhältnis zum Arbeitnehmer zu berücksichtigen.
Eine generelle Bewertung oder Empfehlung können wir in diesen Fällen aufgrund der oben geschilderten unsicheren Rechtslage nicht aussprechen. Festzuhalten ist leider, dass die melderechtliche Korrekturmöglichkeit über den Dreimonatszeitraum hinaus materiell-rechtlich mit Risiken behaftet ist.
- Information des BZSt zum Umgang mit sog. „Differenzkindern“
Das BZSt hat für den Umgang mit sog. „Differenzkindern“ die Kurzinformation (Anlage) zur Verfügung gestellt.
Hiernach ist wie folgt vorzugehen:
Wenn der beitragsabführenden Stelle oder der Pflegekasse Informationen vorliegen, die von den Angaben des BZSt abweichen, ist zu prüfen, ob vorhandene Nachweise die Elterneigenschaft und die Anzahl der berücksichtigungsfähigen Kinder des Mitglieds (Arbeitnehmers) belegen. Gibt es solche Belege, sind sie der Berechnung des Pflegeversicherungsbeitrags zugrunde zu legen und nicht die Angaben des BZSt; eine Benachrichtigung an das BZSt ist in diesem Fall nicht erforderlich.
Liegen jedoch keine Nachweise vor, ist eine Aufklärung über die Elterneigenschaft / der Anzahl der berücksichtigungsfähigen Kinder über das Mitglied (Arbeitnehmer) vorzunehmen. Eine Aufklärung über das BZSt ist dann nicht zielführend, insbesondere wenn laut BZSt keine Elterneigenschaft besteht und die Kinder vor 1993 geboren wurden, da dem BZSt keine ergänzenden Informationen vorliegen und diese nicht aktualisiert werden.