12 Mai Widerruf der privaten Nutzung eines Dienstwagens – Nutzungsausfallentschädigung
Wie der AGV-Geschäftsführer Manfred Baumann ausführt, komme es in der betrieblichen Praxis immer wieder zu einer auch gerichtlichen Auseinandersetzung, ob der Arbeitgeber die Privatnutzung eines Dienstwagens nach einer Kündigung und während der zugleich erklärten Freistellung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist dem Mitarbeiter entziehen kann und ob ihm dafür eine Entschädigung zusteht oder nicht.
Dazu, so Baumann, habe sich jetzt das Bundesarbeitsgericht (BAG) geäußert: Im Arbeitsvertrag des klagenden Arbeitnehmers war eine Klausel enthalten, wonach die private Nutzung des Dienstfahrzeugs vom Arbeitgeber widerrufen werden kann, wenn das Arbeitsverhältnis gekündigt ist und der Arbeitgeber den Mitarbeiter berechtigt von seiner Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt oder suspendiert hat. Der Arbeitgeber hatte das Arbeitsverhältnis des Klägers am 08.05.2023 betriebsbedingt zum 31. August 2023 gekündigt. Zugleich hatte der Arbeitgeber den Arbeitnehmer für die Dauer der Kündigungsfrist freigestellt und die Rückgabe des Dienstfahrzeugs zum 24.05.2023 verlangt.
Nach Rückgabe des Dienstfahrzeugs am 23.05.2023 verlangte der Kläger Nutzungsausfall-Entschädigung auf Basis des steuerlichen Nutzungswertes für die Zeit vom 23.05.2023 bis zum 31.08.2023.
Der Jurist betont: „Das Arbeitsgericht hat mit Teilurteil unter anderem die Anträge des Klägers auf Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung und Zahlung der Nutzungsausfallentschädigung abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers, die sich zuletzt nur noch auf diese Streitgegenstände bezog, zurückgewiesen. Das BAG hat dem Kläger eine Nutzungsausfallentschädigung zugesprochen, jedoch nur für die Zeit vom 23. bis 31.05.2023. Die im Arbeitsvertrag enthaltene Klausel zum Widerrufsvorbehalt hat das BAG als allgemeine für wirksam erachtet.“ Und weiter heißt es, dass die Klausel transparent gefasst sei, klar und verständlich. Sie sehe klar getrennt von anderen Fallgruppen ausdrücklich vor, dass ein Arbeitnehmer bei berechtigter Freistellung nach einer Kündigung mit dem entschädigungslosen Entzug der Privatnutzung des Dienstfahrzeugs rechnen müsse. Die Auswirkungen des Widerrufs auf die Vergütung seien mit Blick auf den in den Gehaltsabrechnungen ausgewiesenen geldwerten Vorteil erkenn- und kalkulierbar.
Manfred Baumann: „Nach § 308 Nr. 4 BGB ist die Vereinbarung eines Widerrufsrechts zumutbar, wenn der Widerruf nicht grundlos erfolgen soll, sondern vielmehr wegen der unsicheren Entwicklung der Verhältnisse als Instrument der Anpassung notwendig ist. Der Widerruf der privaten Nutzung eines Dienstwagens im Zusammenhang mit einer wirksamen Freistellung des Arbeitnehmers während der Kündigungsfrist ist nach Auffassung des BAG zumutbar. Denn der Arbeitnehmer muss bis zum Kündigungstermin keine Arbeitsleistung erbringen; Dienstfahrten mit dem Fahrzeug fallen nicht an. Auch beträgt der durch den Widerruf entfallende geldwerte Vorteil weniger als 25 Prozent des regelmäßigen Verdienstes.“
Die Widerrufsklausel müsse, so das BAG, auch keine Ankündigungs- bzw. Auslauffrist enthalten. Die Einräumung einer solchen Frist sei jedoch bei der Ausübungskontrolle zu berücksichtigen. Weiter prüfte das BAG, ob sodann auch die Voraussetzungen der Widerrufsklausel erfüllt waren, d.h. ob der Arbeitgeber den Kläger berechtigt von seiner Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt hat, was vorliegend der Fall war. Dem Beschäftigungsinteresse des Klägers haben überwiegende schutzwürdige Interessen des Arbeitgebers entgegengestanden.
Jedoch entsprach die Ausübung des Widerrufsrechts nach Auffassung des BAG nicht billigem Ermessen im Sinn von § 315 Abs. 1 BGB. Eine Leistungsbestimmung entspricht dann billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden seien. Dabei seien auch die finanziellen Auswirkungen der steuerrechtlichen Rechtslage zu berücksichtigen. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG könne der zu versteuernde geldwerte Vorteil nur monatlich und nicht kalendertäglich angesetzt werden. Das hat zur Folge, dass der Arbeitnehmer bei einer Rückgabe des Dienstwagens innerhalb des laufenden Monats die Steuerlast für den ganzen Monat trage und damit auch für die Zeit, in der er den Pkw nicht mehr nutzen könne.
Somit werde abgesehen vom Fall einer außerordentlichen Kündigung während des laufenden Monats im Regelfall nur ein Widerruf der Privatnutzung zum jeweiligen Monatsende – so das BAG – billigem Ermessen entsprechen. Der Fall zeigt, wie wichtig es ist, für klare Formulierungen im Arbeitsvertrag zu sorgen.