08 Mrz IfSG-Entschädigungszahlungen: Unklare Rechtslage und viele Altfälle
Die Beantragung, Abrechnung und die lohnsteuerliche Behandlung der behördlichen Erstattungen für von den Arbeitgebern vorausbezahlten Entschädigungen für Verdienstausfälle nach dem Infektionsschutzgesetz sind komplex und bürokratisch. Da die von den Behörden erstatteten Beträge in vielen Fällen von dem Wert abweichen, der arbeitgeberseitig beantragt wurde, entstehen zudem Rechtsunsicherheiten sowie ein hoher Zeit- und Personalaufwand. Wie der Arbeitgeberverband Osthessen e.V. mitteilt, hätten BDI und BDA diese Probleme in einer gemeinsamen Eingabe an das Bundesministerium der Finanzen (BMF) adressiert. Dabei weisen BDI und BDA auch auf konkrete Lösungsmöglichkeiten hin:
Hintergrundinformationen zu den Hürden der betrieblichen Praxis:
Begeben sich Arbeitnehmer coronabedingt in Quarantäne, werden die dabei entstehenden Verdienstausfälle (für bis zu sechs Wochen) durch den Staat ersetzt. Für den Staat treten die Arbeitgeber in Vorleistung und zahlen die Entschädigung für den Verdienstausfall gemäß § 3 Nr. 25 EStG steuer- und beitragsfrei an den Arbeitnehmer aus. Anschließend erstatten die Behörden den Arbeitgebern die vorausgezahlten Beträge. Neben dem bürokratischen Antragsverfahren für die Erstattungen weichen die behördlichen Erstattungen zudem häufig von dem vom Arbeitgeber beantragten Betrag ab, wodurch Rechtsunsicherheiten und Abrechnungsfragen entstehen.
Diese derzeitigen Probleme werden nicht verschwinden, im Gegenteil: Die meisten Anträge auf behördliche Entschädigungen, die derzeit bearbeitet werden, beziehen sich noch auf das Jahr 2020 und den Jahresanfang 2021. Daher steht die Bearbeitung der Quarantänefälle der großen Infektionswellen der Jahre 2021 und 2022 im Wesentlichen erst noch bevor.
Folgen der abweichenden behördlichen Erstattungsbelege:
In den Unternehmen erzeugen diese vom Antrag der Arbeitgeber abweichenden behördlichen Erstattungsbeträge einen hohen Grad an Rechtsunsicherheit sowie hohen Zeit- und Personalaufwand. Dies gilt vor allem für die lohnsteuerliche Behandlung dieser Abweichungen.
Unklar ist beispielsweise, ob und wie die Abweichungen auf die Lohnsteuer durchschlagen. Fraglich ist zudem, ob der Unterschiedsbetrag steuerfrei i. S. d. § 3 Nr. 25 EStG bleibt oder ob Lohnsteuerkorrekturen und Anzeigen i. S. d. § 41c EStG erforderlich sind. Sofern Anzeigepflichten des Arbeitgebers erforderlich sind, droht eine Flut von Anzeigen, die die Arbeitgeber an die Betriebsstättenfinanzämter übersenden müssten, weshalb es im Interesse von Arbeitgebern, Arbeitnehmern und Behörden ist, praxisnahe, bürokratiearme und zeitnahe Lösungen zu finden.
Zu den Lösungsvorschlägen von BDI und BDA verdeutlicht AGV-Geschäftsführer Manfred Baumann: „Für die Arbeitgeber wäre es eine wichtige Erleichterung, wenn auf Seiten der für die Erstattung zuständigen Behörden die gleichen Berechnungsschemata wie auf Seiten der Arbeitgeber verwendet werden. Außerdem bietet es sich an, klare und bundesweit einheitliche Berechnungsabläufe zeitnah zu veröffentlichen. Daher ist es bedauernswert, dass die sogenannten „LVO-Abzugstabellen“ erst vor einem Jahr und damit spät vorgelegt wurden.“ Insbesondere sei zu klären, ob das abweichende Erstattungsverfahren überhaupt auf die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 25 EStG durchschlagen kann. Aus Sicht des Arbeitgeberverbandes Osthessen entfalte das Erstattungsverfahren zwischen Arbeitgeber und Behörde keine steuerliche Wirkung. „Sollte jedoch wider Erwarten eine steuerliche Wirkung entstehen, kann die Situation über eine pragmatische Nichtbeanstandungsregelung entschärft werden. Konkret könnte der Abweichungsbetrag – ggf. bis zu einer gewissen Betragsgrenze (pro Quarantänefall) – ebenfalls als steuer- und beitragsfrei i. S. d. § 3 Nr. 25 EStG behandelt werden. Im Sinne des Bürokratieabbaus könnte aber auch generell die Rolle des Arbeitgebers als Vorleistungspflichtigem überdacht werden und stattdessen die Abwicklung von Entschädigungsansprüchen vollständig im Verhältnis zwischen Arbeitnehmer als Leistungsberechtigten und dem Staat als Leistungsverpflichteten erfolgen.“