Formvorschriften im Arbeitsrecht – Ein Überblick von A bis Z

Im Arbeitsrecht gilt zwar der Grundsatz der Formfreiheit. In zahlreichen Bereichen verlangen aber insbesondere gesetzliche Regelungen (zuweilen auch Tarifverträge oder arbeitsvertragliche Vereinbarungen) die Einhaltung besonderer Formerfordernisse. Um Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu entlasten, hat der Gesetzgeber die Vorgaben zuletzt mehrfach angepasst – zuletzt zum 1. Mai 2025.

Folgende Hinweise sind nach Erläuterung des AGV-Geschäftsführers Manfred Baumann zu beachten:

 Bestimmte Formerfordernisse können durch elektronische Signaturen ersetzt werden:

  • Die einfache elektronische Signatur (z.B. Namenseingabe) genügt nur für die Textform.
  • Die fortgeschrittene elektronische Signatur erfüllt zwar höhere technische Anforderungen, hat im Arbeitsrecht aber derzeit keinen eigenständigen Nutzen.
  • Nur die qualifizierte elektronische Signatur (qeS) kann die gesetzliche Schriftform wirksam ersetzen (§ 126a BGB) und ist damit für Arbeitgeber rechtlich verbindlich, wenn Schriftform vorgeschrieben ist.

Die nachfolgende Checkliste stellt die wichtigsten Formerfordernisse im Individualarbeitsrecht aus Arbeitgebersicht dar. Sie soll eine schnelle Orientierung ermöglichen und helfen, typische Fehlerquellen zu vermeiden.

Checkliste Formerfordernisse im Individualarbeitsrecht (Stand 2025)

Vorgang / Erklärung

Erforderliche Form

Rechtsgrundlage

Folge bei Verstoß

Arbeitsvertrag /

Änderungsverein-barung

grds. formfrei;

aber Textform für den Nachweis wesent­licher Vertrags­bedingungen (seit 01.01.2025)

§§ 2, 3 NachwG

Bußgeld bis 2.000 Euro je Verstoß, Eintragung ins Gewerbezentralregister

Arbeitnehmerüberlassungsvertrag

Textform

(seit 01.01.2025 – vorher Schriftform)

§ 12 AÜG

Unwirksamkeit, Fiktion Arbeitsvertrag mit Entleiher; Bußgeld bis 30.000 Euro

Befristung / Bedingung

Schriftform

(ersetzbar durch qeS)

§ 14 Abs. 4 TzBfG

Befristung unwirksam
→ unbefristetes Arbeits­verhältnis

Altersgrenzen­befristung (Rente)

Textform

(seit 01.01.2025)

§ 41 Abs. 2 SGB VI

Unwirksamkeit der Befristung

Kündigung

(eines Arbeitsverhältnisses / Berufsausbildungsverhältnisses)

Schriftform zwingend

Ausnahme: elektronische Schriftsatzkündigung über beA

§ 623 BGB, § 22 BBiG, § 46h ArbGG

Nichtigkeit der Kündigung

Aufhebungsvertrag

Schriftform zwingend

§ 623 BGB

Nichtigkeit

Nachvertragliches Wettbewerbsverbot

Schriftform + Aushändigung Urkunde

(gilt auch für jede nachträgliche Änderung)

§ 74 HGB, § 110 GewO

Nichtigkeit bzw. Unverbindlichkeit

Verzicht auf Wettbewerbsverbot

Schriftform

§ 75a HGB

Unwirksamkeit des Verzichts

Betriebsübergang – Unterrichtung

Textform

§ 613a Abs. 5 BGB

Risiko fehlerhafter Unterrichtung → Widerspruchsrecht bleibt offen

Betriebsübergang – Widerspruch des Arbeitnehmers

Schriftform

§ 613a Abs. 6 BGB

Widerspruch unwirksam

Elternzeit – Antrag / Teilzeit während Elternzeit

Textform

(seit 01.05.2025) Achtung: Übergangsvorschrift nach § 28 BEEG beachten: Für vor dem 01.05.2025 geborene Kinder bleibt es bei der strengeren Schriftform

§§ 16, 15 BEEG

§ 28 BEEG

Unwirksamkeit des Verlangens

Pflegezeit / Familienpflegezeit – Antrag & Antwort

Textform

(seit 01.01.2025)

§ 3 Abs. 3 PflegeZG, § 2a Abs. 1 FPfZG

Unwirksamkeit des Antrags / der Antwort

Teilzeitverlangen (Verringerung / Verlängerung der Arbeitszeit; Brückenteilzeit)

Textform

§§ 8, 9, 9a TzBfG

Antrag unwirksam; ggf. Schadensersatzansprüche AN

Gesetzesaushänge (z.B. ArbZG, JArbSchG)

im Betrieb übliche Informations-/Kommunikationstechnik

→ auch elektronisch (seit 01.01.2025, z.B. Intranet oder E-Mail)

§ 16 ArbZG, § 47 JArbSchG

Ordnungswidrigkeit

Arbeitszeugnis

Schriftform

seit 01.01.2025 auch elektronische Form mit qeS möglich (bei Einwilligung)

§ 109 GewO, § 16 BBiG, § 630 BGB

Zeugnis unwirksam, Anspruch bleibt bestehen


Als Fazit fasst der Jurist zusammen: „Das Individualarbeitsrecht ist nach wie vor durch einen übersteigerten Formalismus geprägt. Dieser wird einer modernen Arbeitswelt und dem Ansinnen, nur noch elektronische Personalakten zu führen, in keiner Weise nicht gerecht. Es bleibt abzuwarten, ob weitere formelle Hürden beseitigt werden oder ob auch zukünftig Verbraucherschutz, Übereilungsschutz, das Dokumentationsinteresse oder die Legitimationsfunktion Vorrang genießen.

Verlangt wird aber vom Arbeitgeber höchste Aufmerksamkeit, um keine Formfehler zu begehen.“