Aktuelle Arbeitgeberpflichten während Corona-Pandemie: Verlängerte Corona-ArbV, verschärftes IfSG und die Pandemierechtssprechung

Wie der Arbeitgeberverband Osthessen e.V. mitteilt, seien die Änderungen des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) und weiterer Gesetze jetzt in Kraft getreten. Vor dem Hintergrund der seit 24.11.2021 gesammelten Erfahrungen sieht es der AGV-Geschäftsführer Manfred Baumann als wichtig an, die neuen betrieblichen Pflichten sowie die aktuelle Pandemie-Rechtsprechung möglichst praxisnah vorzustellen. Dazu verdeutlicht der Geschäftsführer: „Die auf § 18 Abs. 3 ArbSchG gestützte Corona-ArbSchV war an die epidemische Lage von nationaler Tragweite (§ 5 IfSG) gekoppelt, die bis zum 24.11.2021 festgestellt war. Da diese nun ausgelaufen ist, wurde rechtlich eine Entkoppelung vorgenommen und es gelten die Regelungen unverändert weiter, zunächst bis zum 19.3.2022.“ Dies betreffe insbesondere:

1. Mitbestimmte Gefährdungsbeurteilung (§ 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG; § 5 ArbSchG) und betriebliches Hygienekonzept (§ 2 Corona-ArbSchV)

Dazu gehören insb. AHA+L-Konzepte (Abstand, Hygiene, Atemmaske, Lüften) nach SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard und Arbeitsschutzregel. Der Arbeitgeber ist berechtigt, das Tragen einer medizinischen Maske kraft Direktionsrecht anzuweisen und darf unberechtigte Maskenverweigerer „aussperren“ sowie nach Abmahnung kündigen (ArbG Cottbus, Urt. v. 17.6.2021 – 11 Ca 10390/20, NZA-RR 2021, S. 475; ArbG Köln, Urt. v. 17.6.2021 – 12 Ca 450/21, COVuR 2021, S. 569). Außerdem schuldet er Maskenverweigerern weder Beschäftigung, Annahmeverzugslohn noch Schadensersatz und auch kein Homeoffice (ArbG Siegburg, Urt. v. 18.8.2021 – 4 Ca 2301/20, COVuR 2021, S. 631: Bauamtsbeschäftigter mit Kundenkontakt).

Beschäftigte der Reinigungsbranche, die bei der Arbeit eine OP-Maske tragen müssen, haben keinen Anspruch auf einen tariflichen Erschwerniszuschlag i. H. v. 10 % nach RTV Gebäudereinigung 2019. Für einen Anspruch müsse die Atemschutzmaske (FFP2/3) Teil der persönlichen Schutzausrüstung (PSA) des Arbeitnehmers sein, was nicht der Fall ist, wenn die OP-Maske vor allem dem Schutz anderer Personen dient (LAG Berlin Brandenburg, Urt. v. 17.11.2021 – 17 Sa 1067/21). Eine Intensivpflegekraft, die regelmäßige Maskenpausen verlangt, kann umgesetzt werden (ArbG Herne, Urt. v. 6.5.2021 – 4 Ca 2437/20, RDG 2021, S. 205).

2. Kontaktreduktion im Betrieb, wozu insbesondere Homeoffice und virtuelle/Online-Arbeitsformen gehören (§ 3 Corona-ArbSchV)

Hier kommt die beidseitige Homeofficepflicht, die bis zum 30.6.2021 galt, jetzt wieder.

3. Angebot von kostenfreien Selbst-/Schnelltests 2×/Woche an Präsenzbeschäftigte im Betrieb (§ 4 Corona-ArbSchV)

Der Arbeitgeber kann das Testen berechtigt anweisen und bei Verweigerung die Beschäftigung im Betrieb ablehnen (ArbG Offenbach, Urt. v. 3.2.2021 – 4 Ga 1/21, NZA-RR 2021, S. 279: BV mit Testpflicht) und die Vergütung einstellen (LAG München, Urt. v. 26.10.2021 – 9 Sa 332/21: Flötistin Staatsoper). Reagiert der zurückgewiesene Beschäftigte darauf mit einer Krankschreibung, sollte der Arbeitgeber die Entgeltfortzahlung wegen berechtigter Zweifel sperren (BAG, Urt. v. 8.9.2021 – 5 AZR 149/21, ArbRAktuell 2021, S. 550).

4. Aufklärung über und Ermöglichen von Schutzimpfungen während der Arbeitszeit (§ 5 Corona-ArbSchV)

Der Arbeitgeber muss nicht über den Betriebsarzt Impfungen anbieten. Er darf keine Impfung anweisen bzw. verlangen ohne gesetzliche Impfpflicht, die jedoch möglich wäre (BVerwG, Urt. v. 14.7.1959 – I C 170.56, NJW 1959, S. 2325: Pocken; EGMR, Urt. v. 8.4.2021 – 47621/13, NJW 2021, S. 1657: Masern; EGMR, Urt. v. 9.9.2021 – 43375/21: Kein Stopp griechischer Coronaimpfung im Gesundheitswesen), zu der sich die deutsche Legislative aber (noch) nicht durchringen konnte.

I. Neue Pflicht: 3G im Betrieb

Arbeitnehmer müssen bundesweit seit 24.11.2021 bis (zunächst) 19.3.2022 vor Tätigkeitsbeginn einen Impf- oder Genesennachweis oder einen negativen Corona-Test vorweisen, der nicht älter als 24 Stunden bzw. bei einem PCR-Test 48 Stunden alt ist (§ 28b Abs. 1 IfSG; § 2 COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung [SchAusnahmV]), jeweils gerechnet vom Zeitpunkt des Betretens der Arbeitsstätte. 

1. Kontrollpflichten des Arbeitgebers

Diesen Nachweis darf und muss der Arbeitgeber kontrollieren. Er muss dem Arbeitnehmer ansonsten den Zutritt zum Betrieb verweigern und ihn auf eine mögliche Homeofficearbeit verweisen.
Beschäftigt der Arbeitgeber den Non-3G-Arbeitnehmer dennoch, droht ihm ein Bußgeld bis zu 25.000 Euro. Diese Nachweispflicht gilt immer dann, wenn physische Kontakte am Arbeitsplatz nicht ausgeschlossen werden können. Arbeitgeber sollten die Belegschaft hierüber informieren und zugleich darauf hinweisen, dass Verstöße arbeitsrechtlich geahndet werden, d. h. Zutrittsverbot, Verlust des Vergütungsanspruchs (§ 326 Abs. 1 Satz 1 BGB), Abmahnung, ggf. Kündigung, wobei bei einer Kündigung wegen der zeitlichen Befristung bis 19.3.2022 Vorsicht geboten ist. Einem Mitglied des Gesamtbetriebsrats kann zum Schutz des Mandats nicht die Teilnahme an der Betriebsräteversammlung mit der Begründung versagt werden, dass er nicht gegen Covid-19 geimpft bzw. von Covid-19 genesen sei, wenn er einen negativen PCR-Test vorlegt, der nicht älter als 24 Stunden ist. Weitere Schutzmaßnahmen, wie etwa Maskenpflicht auch am Sitzplatz, sind möglich (ArbG Bonn, Beschl. v. 15.11.2021 – 5 BVGa 8/21; 3G für Gemeinderäte bestätigt von: OVG Münster, Beschl. v. 30.9.2021 – 15 B 1529/21, mit Hinweis, dass die Gemeinde die erforderlichen Testkosten tragen müsse).

Die Nachweise sind an jedem Arbeitstag erforderlich. Personen ohne Impf- bzw. Genesenennachweis müssen also täglich einen Testnachweis vorlegen.
Die Vorgabe gilt in Arbeitsstätten, also auch im Außenbereich, ebenso beim vom Arbeitgeber organisierten (Sammel-)Transport zur Arbeitsstätte. Die Regelung gilt für alle Betriebe, unabhängig von der Beschäftigtenzahl, also auch für Kleinbetriebe. Sie erfasst alle Beschäftigten, bei denen „physischer Kontakt“ zu anderen Personen nicht ausgeschlossen werden kann, also auch Leiharbeitnehmer im Einsatzbetrieb, die dem dortigen Arbeitsschutzregime und entsprechenden Weisungen unterfallen (BAG, Beschl. v. 7.6.2016 – 1 ABR 25/14, NZA 2016, S. 1420). Für externe Besucher, Lieferanten und Kunden gilt die Regelung nicht – hier kann der Arbeitgeber aber per Hausrecht 2G bzw. 3G verlangen und sollte dies auch, um seine Beschäftigten gleichwertig zu schützen, auch wenn er nicht der Regelung in § 28b Abs. 2 IfSG, d. h. Betreuung/Pflege vulnerabler Gruppen, unterfällt (BGH, Urt. v. 29.5.2020 – V ZR 275/18, NJW 2020, S. 3382). Der Arbeitgeber ist auch berechtigt, den 3G-Status seiner Außendienstmitarbeiter abzufragen, um deren Einsätze zu planen.

Die Kontrollen müssen grundsätzlich bereits vor bzw. bei Betreten der Arbeitsstätte bzw. des arbeitgeberseitigen Transports zur Arbeitsstätte erfolgen. Zur unmittelbaren Testung im Betrieb oder auch für eine Impfung im Betrieb ist ein Betreten auch ohne Nachweis zulässig. Nicht zu den zu kontrollierenden Arbeitsstätten i. d. S. gehören Arbeitsplätze im Homeoffice.

2. Für Nachweis geeignete Testungen

Selbst-/Schnelltests vor Ort unter Aufsicht reichen als Nachweise für Personen ohne Impf- und Genesenennachweis aus. Der Arbeitgeber ist aber nach § 4 Corona-ArbSchV nur dazu verpflichtet, zwei Selbsttests/Woche zur Eigenanwendung und ohne Zertifikat zur Verfügung zu stellen. Eine Pflicht zur Beaufsichtigung durch den Arbeitgeber, um der Nachweispflicht zu genügen, besteht nicht. Eine Unterstützung des Arbeitnehmers bei der Beschaffung der Testnachweise (z. B. durch betriebliche Teststationen oder die Bereitstellung einer Aufsicht für Selbsttests durch Werksschutz/-ambulanz) ist nicht verpflichtend und kann auch nicht vom Betriebsrat per Mitbestimmung contra legem durchgesetzt werden. Ggf. muss der Arbeitnehmer also alle im Laufe einer Arbeitswoche erforderlichen Testnachweise extern vor Arbeitsbeginn selbst beschaffen – auf seine Kosten und in seiner Freizeit. Es handelt sich also nicht um vergütungspflichtige Arbeitszeit, da die Zeit für die Tests nicht ausschließlich fremdnützig ist (BAG, Urt. v. 25.4.2018 – 5 AZR 245/17, NZA 2018, S. 1077: Umkleidezeit). Der Arbeitgeber ist nur verpflichtet, arbeitstäglich zu kontrollieren, ob die Nachweise vorliegen.

3. 2G+-Konzept für bestimmte Einrichtungen

Bestimmte Einrichtungen des Gesundheitswesens (Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen, Tageskliniken usw.) dürfen nur von getesteten Personen mit entsprechendem Nachweis betreten werden (2G+-Konzept; § 28b Abs. 2 IfSG), was auch für Handwerker, Paketboten etc. gilt. Dies gilt auch für Geimpfte und Genesene, wobei für diese Personengruppe auch ein Antigentest zur Eigenanwendung ohne Überwachung zweimal pro Woche ausreicht. Diese Einrichtungen müssen ein einrichtungs- oder unternehmensbezogenes Testkonzept erstellen, im Rahmen dessen sie Testungen für alle Beschäftigten und Besucher anzubieten haben (§§ 23 Abs. 3, 36 Abs. 1 Nr. 2 und 7 IfSG).

4. Datenerfassung und Datenschutz

Auch zur Erfassung des G-Status und datenschutzrechtlichen Fragen gibt es Regelungen: Der Arbeitgeber darf im Rahmen der Zutrittskontrolle den jeweiligen G-Status der Beschäftigten kontrollieren und speichern, sodass Geimpfte/Genesene nur einmal kontrolliert werden müssen (§ 28 Abs. 3 Satz 3 IfSG). Betriebe können die Daten manuell (Listen) oder digital erfassen (BT-DrS 20/89, S. 18) und müssen es für Kontrollen zur Vermeidung evtl. Bußgelder. Eine zusätzliche Einwilligung des Beschäftigten ist nicht erforderlich. Diese wird von den Datenschutzaufsichtsbehörden im Arbeitsverhältnis häufig in Abrede gestellt, vom BAG aber zutreffend klar bejaht, wenn sie informiert und freiwillig erfolgt (BAG, Urt. v. 11.12.2014 – 8 AZR 1010/13, Rz. 38, NZA 2015, S. 604). Die sensiblen Gesundheitsdaten (Art. 4 Nr. 15 und 9 DSGVO) müssen gem. § 22 Abs. 2 BDSG besonders geschützt werden.
Die Daten dürfen auch zur Anpassung des betrieblichen Hygienekonzepts auf Grundlage der Gefährdungsbeurteilung gem. den §§ 5, 6 ArbSchG verwendet werden, soweit dies erforderlich ist (§ 28b Abs. 3 Satz 4, 5 IfSG). Die personenbezogenen Daten sind spätestens am Ende des sechsten Monats nach ihrer Erhebung zu löschen (§ 28b Abs. 3 Satz 9 IfSG; Art. 17 DSGVO, vgl. Stück, AuA 12/2019, S. 695). Bei der Erhebung der Daten sind die Informationspflichten nach Art. 13, 14 DSGVO zu beachten.

Arbeitgeber sollten zügig mit ihren Betriebsräten und Datenschutzbeauftragten Kontakt aufnehmen, um eine einvernehmliche, rechtskonforme Umsetzung und Kommunikation im Betrieb zu gewährleisten, z. B. wegen § 87 Abs. 1 Nr. 1 (Einlass-/Torkontrollen), 6 (technische Kontrolle, Datenverarbeitung), 7 (Arbeits-/Gesundheitsschutz) und 8 (Kantine, Pausenräume). Auch wenn der Gesetzgeber viel abschließend vorgibt, bleiben betriebliche Ausfüllungsspielräume (LAG Köln, Beschl. v. 22.1.2021 – 9 TaBV 58/20, NZA-RR 2021, S. 164) – für die den Betriebsparteien infolge der kurzfristigen Verabschiedung der gesetzlichen Neuregelungen von der Legislative keine Zeit gegeben wurde. Abschließend verweist der AGV Osthessen auf die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales veröffentlichte FAQ-Liste: www.bmas.de/DE/Corona/Fragen-und-Antworten/Fragen-und-Antworten-ASVO/faq-corona-asvo.html.

II. Hello again – Homeofficepflicht

 28b Abs. 4 IfSG führt die Homeoffice-Angebotspflicht wieder ein und zwar unabhängig vom 2G-Status (geimpft, genesen) sowie ohne Bußgeldbewehrung. Die Formulierung entspricht insoweit vollständig der zum 30.6.2021 ausgelaufenen Regelung der sog. Bundesnotbremse. Danach haben Arbeitgeber den Beschäftigten im Fall von Büroarbeit oder vergleichbaren Tätigkeiten anzubieten, diese Tätigkeiten in deren Wohnung auszuführen, wenn keine zwingenden betriebsbedingten Gründe entgegenstehen, z. B. ortsgebundene Arbeit an Maschinen, Anlagen, IT, Vor-Ort-Bedienung/Beratung von Kunden (ArbG Siegburg, Urt. v. 18.8.2021 – 4 Ca 2301/20, COVuR 2021, S. 631: Bauamt) oder Verteilen von Post bzw. Waren (BT-DrS 20/89, S. 19). Technische oder organisatorische Gründe, wie z. B. die Nichtverfügbarkeit benötigter IT-Ausstattung, notwendige Veränderung der Arbeitsorganisation oder unzureichende Qualifizierung der betroffenen Beschäftigten, können i. d. R. nur vorübergehend bis zur Beseitigung des Verhinderungsgrunds angeführt werden. Besondere Anforderungen des Betriebsdatenschutzes und des Schutzes von Betriebsgeheimnissen können gegen die Ausführung von Tätigkeiten im Homeoffice sprechen oder auch dessen Beendigung rechtfertigen (LAG München, Urt. v. 26.8.2021 – 3 SaGa 13/21, NZA-RR 2021, S. 629). Die Beschäftigten haben dieses Angebot anzunehmen, soweit ihrerseits keine Gründe entgegenstehen, z. B. räumliche Enge, Störungen durch Dritte oder fehlende Ausstattung, die aber nicht dem Arbeitgeber gegenüber weiter substantiiert werden müssen.

Da es sich um eine gesetzliche Anordnung handelt und keine freie Entscheidung der Vertragsparteien, besteht kein Beteiligungsrecht des Betriebsrats zu einer Versetzung nach § 99 BetrVG (LAG Düsseldorf, Urt. v. 10.9.2014 – 12 Sa 505/14, ArbRAktuell 2014, S. 570). Nach dem neuen § 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG bedarf nicht das „Ob“ der mobilen Arbeit sowie Telearbeit i. S. d. § 2 Abs. 7 ArbStV, sondern das „Wie“ einer Betriebsvereinbarung. Das „Ob“ hat der Gesetzgeber mit § 28b Abs. 4 IfSG entschieden, die Ausgestaltung hingegen nicht abschließend, sodass sich hier kurzfristig Handlungsbedarf zum Abschluss einer Betriebsvereinbarung ergeben kann.

III. Neu: 3G in öffentlichen Verkehrsmitteln

Auch die bundesweite Benutzung von Bussen und Bahnen wird 3G-pflichtig (§ 28b Abs. 5 IfSG). Sollte ein Arbeitnehmer, der dies nicht erfüllen will, deshalb seinen Arbeitsplatz nicht mehr erreichen können, so trägt er das sog. Wegerisiko, hat also keinen Anspruch auf Vergütung (BAG, Urt. v. 8.9.1982 – 5 AZR 283/80, NJW 1983, S. 1078). Erreicht er seinen Arbeitsplatz verspätet oder gar nicht, rechtfertigt dies eine Abmahnung und bei fortgesetzten Vertragsverstößen die verhaltensbedingte Kündigung (BAG, Urt. v. 17.1.1991 – 2 AZR 375/90, NZA 1991, S. 557).

Das BAG hat in seiner ersten Corona-Entscheidung klargestellt, dass selbst ein behördlich angeordneter Lockdown/Betriebsschließung kein Fall des vom Arbeitgeber zu tragenden Betriebsrisikos i. S. d. § 615 Satz 3 darstellt, also keine Vergütungsansprüche des Arbeitnehmers bestehen (BAG, Urt. v. 13.10.2021 – 5 AZR 211/21, ArbRAktuell 2021, S. 574). Da die Betriebe dem Lockdown mit Kurzarbeit begegnet sind, entweder vereinbart mit dem Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG (BAG, Urt. v. 18.11.2015 – 5 AZR 491/14, NZA 2016, S. 565), oder durch Vereinbarung mit den Arbeitnehmern bzw. mittels notfalls Änderungskündigung (ArbG Stuttgart, Urt. v. 22.10.2020 – 11 Ca 2950/20, ArbRAktuell 2020, S. 633), wirkte sich dies bisher nur bei den nicht Kurzarbeitergeld berechtigten Arbeitnehmern aus.

IV. Neu: Strafbarkeit und Schutz vor Fake-Nachweisen

Zunehmend breiten sich Fake-Atteste und Impfnachweise aus, die man online ordern kann. Rechtsprechung und Gesetzgebung haben teilweise bereits darauf konsequent reagiert:
Ärzte, die ohne Patientenbeziehung und Untersuchung/persönliche Beratung bloße sog. WhatsApp-Atteste erstellen, verhalten sich berufs- und wettbewerbswidrig (OLG Hamburg, Urt. v. 5.11.2020 – 5 U 175/19, MMR 2021, S. 336). Die Regeln für die telefonische Krankschreibung wurden durch Beschluss des G-BA vom 16.9.2021 um weitere drei Monate bis zum 31.12.2021 verlängert.
Eine Online-Krankschreibung ohne persönlichen oder telefonischen Arztkontakt erfüllt die Voraussetzungen für eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht und begründet keine Entgeltfortzahlungsansprüche des Arbeitnehmers (ArbG Berlin, Urt. v. 1.4.2021 – 42 Ca 16289/20; BAG, Urt. v. 11.8.1976 – 5 AZR 422/75, NJW 1977, S. 350).
Pauschale (Gefälligkeits-)Maskenbefreiungsatteste ohne konkrete Diagnose/ Befundangabe sind wertlos und entbinden nicht von der Maskentragepflicht im Betrieb oder öffentlichen Veranstaltungen/Schulen (ArbG Siegburg, Urt. v. 18.8.2021 – 4 Ca 2301/20, COVuR 2021, S. 631; LAG Köln, Urt. v. 12.4.2021 – 2 SaGa 1/21, COVuR 2021, S. 627; VGH München, Beschl. v. 26.4.2021 – 20 CE 21.1141; OVG Münster, Beschl. v. 24.9.2020 – 13 B 1368/20).
Ab 24.11.2021 gelten mit dem neuen IfSG auch neue Straftatbestände für die Ausstellung und den Gebrauch gefälschter Impfausweise (§§ 277 bis 279 StGB). Eine evtl. Lücke wird damit geschlossen (vgl. LG Osnabrück, Beschl. v. 26.10.2021 – 3 Qs 38/21).
Darüber hinaus wäre die Beschaffung und Verwendung eines gefakten Impfnachweises im Betrieb durch einen Arbeitnehmer auch eine schwere vorsätzliche Vertragspflichtverletzung, die die Gesundheit von Kollegen, Kunden, Lieferanten etc. gefährden kann, und deshalb den Bestand des Arbeitsverhältnisses auch ohne vorherige Abmahnung gefährdet. Dem täuschenden Arbeitnehmer drohen deshalb richtigerweise Jobverlust und Strafverfahren/Vorstrafe. 

Als Fazit betont AGV-Geschäftsführer Manfred Baumann: „Es bleibt zu hoffen, dass die eilig geschaffenen neuen Maßnahmen wirken und die Pandemie eindämmen. Arbeitgeber und Betriebsrat müssen in Windeseile interne Umsetzung und Vermittlung angehen. Und ein rechtliches Nachspiel scheint sicher – wobei auf die Rechtsprechung Verlass ist: Das erste Eilverfahren gegen eine 3G-Regelung hatte keinen Erfolg und die Testnachweispflicht für Ungeimpfte/-genesene wurde nicht aufgehoben (OVG Münster, Beschl. v. 29.10.2021 – 13 B 1393/21.NE), und auch die Arbeitsgerichte leisten ihren Beitrag gegenüber Uneinsichtigen.“