Bundesarbeitsgericht entscheidet über Betriebsrisiko und staatliche Lockdown-Verfügungen

Der Arbeitgeberverband Osthessen nimmt Stellung zu einem Urteil

des Bundesarbeitsgerichts vom 13.10.2021. In dem Urteil heisst es, dass der Arbeitgeber dem Beschäftigten gegenüber keine Vergütung unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs schulde, soweit er seinen Betrieb aufgrund eines staatlich verfügten allgemeinen „Lockdown“ zur Bekämpfung der Coronapandemie vorrübergehend schließen müsse. Er trage nicht das Risiko des Arbeitsausfalls und sei deshalb auch nicht verpflichtet, in diesen Fällen den Beschäftigten Vergütungen unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs zu zahlen.

Dazu erläutert AGV-Geschäftsführer Manfred Baumann: „Im vorliegenden Fall ging es um ein Handelsunternehmen, in dem die Klägerin als geringfügig Beschäftigte tätig war. Im April 2020 war das Ladengeschäft aufgrund einer Allgemeinverfügung über das Verbot von Veranstaltungen, Zusammenkünften und der Öffnung bestimmter Betriebe zur Eindämmung des Coronavirus der freien Handelsstadt Bremen vom 23.03.2020 geschlossen worden. Deshalb konnte die Klägerin nicht arbeiten und erhielt vom Arbeitgeber auch keine Vergütung. Diese hat sie mit der Klage unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs geltend gemacht. Die Vorinstanzen hatten der Klage noch stattgegeben.“ Auf die Revision habe das Bundesarbeitsgericht in erfreulicher Klarheit festgestellt, dass der Arbeitgeber nicht das Risiko eines Arbeitsausfalls trage, wenn wie hier zum Schutz der allgemeinen Bevölkerung vor schweren und tödlichen Krankheitsverläufen infolge von SARS-COV-2-Infektionen durch behördliche Anordnung in einem Bundesland die sozialen Kontakte auf ein Minimum reduziert und nahezu flächendeckend alle nicht für die Versorgung der Bevölkerung notwendigen Einrichtungen geschlossen würden. „In einem solchen Fall realisiert sich nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts nicht ein in einem bestimmten Betrieb angelegtes Betriebsrisiko. Die Unmöglichkeit der Arbeitsleistung ist danach vielmehr Folge eines hoheitlichen Eingriffs zur Bekämpfung einer die Gesellschaft insgesamt betreffenden Gefahrenlage.“

 

Das Bundesarbeitsgericht habe weiter ausgeführt, dass es in diesen Fällen Sache des Staates sei,  ggf. für einen adäquaten Ausgleich der den Beschäftigten durch den monatlichen Eingriff entstehenden finanzielle Nachteile zu sorgen. Dies sei zum Teil mit dem erleichterten Zugang zum Kurzarbeitergeld erfolgt. „Hier war allerdings die Klägerin geringfügig Beschäftigte, so dass sie davon nicht profitierte. Das Bundesarbeitsgericht hat festgestellt, dass dieses ausschließlich auf Lücken in dem sozialversicherungsrechtlichen Regelungssystem beruht und daraus keine arbeitsrechtliche Zahlungspflicht des Arbeitgebers herzuleiten ist.“