27 Apr. Möglicherweise nicht ordnungsgemäße Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen – weiteres Update 2
Mit verschiedenen Rundschreiben hatte der Arbeitgeberverband Osthessen e.V. auf möglicherweise nicht ordnungsgemäße Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (AU) hingewiesen. Wie der AGV-Geschäftsführer Manfred Baumann betont, sei in diesem Zusammenhang die Plattform www.medschein.com bekannt geworden.
Der Jurist verdeutlicht: „Auch die Plattform www.medschein.com bietet eine ‚AU ohne Arztgespräch‘ an. Dabei werden im Anschluss an ein Click-through-Verfahren zur ‚Anamnese‘ AU-Bescheinigungen ausgestellt. Eine solche AU entspricht grundsätzlich nicht deutschem Recht, nach dem ein Arzt-Patienten-Kontakt erforderlich ist und kann deshalb auch keinen Entgeltfortzahlungsanspruch eines Arbeitnehmers auslösen. Auffallend ist, dass auch diese AU-Bescheinigungen optisch an den früheren „gelben Schein“ erinnern, aber auch bei gesetzlich Versicherten die Angabe „Privatarzt“ enthalten und grundsätzlich nicht als eAU ausgestellt werden. Allerdings sind uns Fälle bekannt, bei denen Krankenkassen auf Intervention des Versicherten diese gleichwohl als eAU eingestellt haben . Im Übrigen ist auf der Bescheinigung selbst nicht ersichtlich, dass diese über www.medschein.com erworben wurde.“
Weiter heißt es, dass für die genannte Webseite der ausstellende angebliche Arzt namentlich bekannt als Dr. Klaus Mendoza ist.
Hierzu betont Manfred Baumann: „Grundsätzlich können die Beschäftigten entscheiden, welche Ärztinnen und Ärzte sie für eine Krankschreibung konsultieren. Diese müssen auch nicht an der kassenärztlichen bzw. vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen; ärztliche Bescheinigungen im Sinne des § 5 Abs. 1 EFZG können auch von privatärztlich Tätigen ausgestellt werden. Es muss sich allerdings um approbierte Ärztinnen und Ärzte handeln. Die Ausübung der ärztlichen Tätigkeit in Deutschland ist gemäß § 2 Bundesärzteordnung nur mit einer gültigen Approbation oder Berufserlaubnis möglich. Bei Ausübung der ärztlichen Tätigkeit besteht Pflichtmitgliedschaft in einer der insgesamt 17 Landesärztekammern in Deutschland. Ob die oben genannte Person diese Voraussetzung überhaupt erfüllt, ist nicht bekannt. Die Bundesärztekammer haben wir entsprechend über die Website und den ausstellenden Arzt informiert. Arbeitgeber sollten deshalb privatärztliche AUs von gesetzlich Versicherten besonders sorgfältig auf ihre Rechtmäßigkeit prüfen, auch wenn sie auf einem vertragsarztähnlichen Formular vorgelegt werden.“
Bei Zweifeln des Arbeitgebers an der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung könne sich dieser an die zuständige Krankenkasse des Mitarbeiters wenden. Er hat mithin gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen einen entsprechenden Anspruch. Eine nähere Begründung der Zweifel des Arbeitgebers ist indes nicht erforderlich, jedoch sicherlich hilfreich. Die gesetzlichen Krankenkassen können zur Beseitigung von Zweifeln an einer Arbeitsunfähigkeit verpflichtet sein, eine gutachtliche Stellungnahme durch den Medizinischen Dienst einzuholen . Der Arbeitgeber selbst kann verlangen, dass die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes zur Überprüfung der Arbeitsunfähigkeit einholt . Und abschließend heißt es: „Darüber hinaus kann der Arbeitgeber bei berechtigten Zweifeln an der AU die Entgeltfortzahlung verweigern. Hierfür sind dann jedoch konkrete Anhaltspunkte erforderlich. Wir empfehlen in einem solchen Fall dringend die Beratung durch die Geschäftsstelle des Verbandes. “