Neues zu Hinweispflichten des Arbeitsgebers zum Urlaubsabbau – Beweislast, Aufbewahrung und Datenschutz

Große Resonanz auf das jüngste Rundschreiben des AGV Osthessen e.V. zu Hinweispflichten des Arbeitsgebers zum Urlaubsabbau. An den Arbeitgeberverband wurden weitere Fragen herangetragen, die der AGV-Geschäftsführer Manfred Baumann beantworten möchte. So ist zum Thema Beweislast bezüglich der Erfüllung Mitwirkungsobliegenheit der Arbeitgeber beweispflichtig für den Zugang dieser Information über die Urlaubsansprüche beim Beschäftigten. Manfred Baumann: „Sofern es praxisgerecht ist, ist es empfehlenswert, wenn die Übergabe dieser Schreiben z.B. durch die Vorgesetzten erfolgt, die die jeweilige Übergabe auf einer Liste vermerken und diese Liste vollständig ausgefüllt wieder an die Personalabteilung zurückgeben. Darüber hinaus empfehlen wir, dass soweit möglich von Beginn des Beschäftigungsverhältnisses an sowohl die Daten bzgl. der Hinweisschreiben als auch der Urlaubsnahme vom Arbeitgeber dokumentiert und aufbewahrt werden. “ Aufgrund der neuen EuGH- und BAG-Rechtsprechung, wonach Urlaubsansprüche nicht mehr ohne weiteres verjähren, sei die Speicherung dieser Daten während des gesamten Beschäftigungszeitraums zur Durchführung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich und verstoße daher nicht gegen die Datenschutz-Grundverordnung. „Einer Löschung dieser Daten bedarf es somit nicht. Die Aufbewahrung dieser Daten dient insbesondere der Nachweisführung bei der Geltendmachung von Urlaubsansprüchen dahingehend, dass der Arbeitgeber seiner Mitwirkungsobliegenheit nachgekommen ist und ob der Arbeitnehmer noch offenen, nicht verfallenen bzw. verjährten Anspruch auf Urlaub hat. “

Als Praxishinweis gibt der Jurist zu bedenken: „Die Aufbewahrung von Lohnabrechnungen hilft hierbei insoweit nicht weiter, selbst wenn sie Resturlaubsansprüche ausweist, da für diese einerseits eine sechsjährige Aufbewahrungsfrist gilt, sodass diese nach Ablauf dieser Frist zu löschen sind. Andererseits dürften die reinen Lohnabrechnungen ohne weitere Hinweise der Nachweisführung für die Erfüllung der Hinweispflicht durch den Arbeitgeber nicht genügen. Denken Sie bitte daran, dass auch Mitarbeiter, die während des laufenden Kalenderjahres neu eintreten, entsprechende Hinweise auf die Urlaubsansprüche und deren Verfall erhalten müssen.“

Und weiter ist zu berücksichtigen: Da in den Arbeitsverträgen für außertariflich beschäftigte Arbeitnehmer (AT-Beschäftigte) und Beschäftigte in nicht tarifgebundenen Unternehmen (OT-Betriebe) teilweise zwischen gesetzlichem und übergesetzlichem Urlaub differenziert werde, müsse dies auch bei dem jeweiligen Hinweisschreiben beachtet werden. „Denn, ob eine Differenzierung vorgenommen wird oder nicht, wirkt sich auf die Verfallfristen und Übertragungszeiträume unterschiedlich aus.“ Wird wirksam zwischen gesetzlichem und übergesetzlichem Urlaub im Arbeitsvertrag differenziert, gilt Folgendes:

Der gesetzliche Urlaub verfällt am 31. Dezember des Kalenderjahres. Er kann aber aus personenbedingten und betrieblichen Gründen bis zum 31. März des Folgejahres übertragen werden. Der übergesetzliche Urlaub verfällt ebenfalls am 31. Dezember des Kalenderjahres auch bei personenbedingten Gründen (z.B. Arbeitsunfähigkeit). Nur beim Vorliegen von dringenden betrieblichen Gründen kann eine Übertragung des übergesetzlichen Urlaubs bis zum 31. März des Folgejahres erfolgen, wenn und soweit im Arbeitsvertrag darauf hingewiesen wurde. Ein Hinweis auf den übergesetzlichen Urlaub und dessen Verfallfristen ist in diesem Fall grds. nicht erforderlich. Bei Arbeitsverträgen ohne Differenzierung wird der übergesetzliche Urlaub genauso behandelt wie der gesetzliche Urlaub, d.h. der gesamte Urlaub verfällt am 31. Dezember des Kalenderjahres und kann aus personenbedingten und betrieblichen Gründen bis zum 31. März des Folgejahres übertragen werden. In diesem Fall trifft den Arbeitgeber auch die Hinweispflicht bzgl. des vertraglich vereinbarten übergesetzlichen Urlaubs.

Bei Beschäftigten mit Anspruch auf Mutterschutz, Elternzeit und Pflegezeit ist die Mitwirkungspflicht unter Beachtung der spezialgesetzlichen Bestimmungen zu erstellen. Dazu heißt es: „Hinsichtlich einer Übertragung des Urlaubsanspruchs von Zeiten vor Beginn der Mutterschutzfristen, vor der Eltern- oder Pflegezeit sollte ein entsprechender Hinweis erfolgen, wenn die Beschäftigten nach Ablauf der Mutterschutzfristen oder nach Inanspruchnahme der Eltern- bzw. Pflegezeit ihre Arbeit wiederaufnehmen. “

Auch gibt der Jurist Baumann einen Praxishinweis: „Anders als beim Mutterschutz darf der Urlaubsanspruch eines Arbeitnehmers wegen einer Elternzeit gekürzt werden. Das passiert jedoch nicht automatisch: Das Kürzungsrecht des Arbeitgebers erfordert die Abgabe einer darauf gerichteten empfangsbedürftigen rechtsgeschäftlichen Erklärung. Der Arbeitgeber muss also für den Arbeitnehmer erkennbar erklären, dass er den Urlaub in der Elternzeit kürzen möchte. Eine Kürzung nach Ende des Arbeitsverhältnisses ist nicht mehr möglich. In der Praxis bietet sich eine schriftliche Kürzungserklärung bereits bei der Bestätigung der Elternzeit an, um Unsicherheiten zu vermeiden. Uns ist bewusst, dass diese Rechtsprechung die betriebliche Praxis vor erhebliche bürokratische Herausforderungen stellt. Wir sehen uns aber in der Pflicht, Sie auch dazu umfassend zu informieren und in Zweifelsfällen auf Anfrage zu beraten.“