Rechtsprechung zum Ordnungsverhalten im Betrieb – Arbeitgeber darf die Farbe der Arbeitsschutzhose vorschreiben

Wie der Geschäftsführer des Arbeitgeberverbandes Osthessen e.V. betont, gibt es nach deren Erfahrungen immer wieder Probleme in der betrieblichen Praxis mit dem Ordnungsverhalten einzelner Mitarbeiter. Dazu erläutert der Jurist humorvoll: „Deshalb haben wir heute einen Fall im Gepäck, der einen zunächst etwas ratlos zurücklässt. In einem Betrieb mit nachvollziehbarer, angeordneter und gut begründeter Kleiderordnung weigerte sich ein Arbeitnehmer, die dort vorgesehene rote Arbeitsschutzhose zu tragen. “ Das Ganze, so Baumann, sei bei den Arbeitsgerichten gelandet, wo sich herausgestellt habe, dass der Arbeitgeber lehrbuchartig alles richtig gemacht hat. „Im Ergebnis steht eine wirksame ordentliche Kündigung und eine Anleitung für Arbeitgeber, wie vorzugehen ist, wenn sich Mitarbeiter (insbesondere Kleider-)Vorschriften im Betrieb widersetzen. Übrigens konnte selbst in der zweiten Instanz nicht ergründet werden, warum sich hier der Mitarbeiter der Weisung des Arbeitgebers verweigerte und so trennten sich die Wege wohl auch zu Recht. Wegen der Praxisrelevanz der lehrbuchartigen Vorgehensweise des Arbeitgebers soll der Fall näher beleuchtet werden.“  

Dieser erstaunliche Farbenstreit beschäftigte jüngst das Landesarbeitsgericht Düsseldorf. Bei der Farbe Rot sah der Kläger – kurz gesagt – rot:

Der Kläger war bei der Beklagten, einem Industriebetrieb, seit dem 1.6.2014 im Bereich der Produktion beschäftigt. Zu seinen Aufgaben gehörten u. a. Arbeiten mit Kappsägen und Akkubohrern zum Zuschnitt bzw. der Montage von Profilen sowie knieende Arbeiten, vor allem bei der Montage.

Bei der Beklagten gab es eine Kleiderordnung. Danach stellte die Arbeitgeberin für alle betrieblichen Tätigkeiten in Montage, Produktion und Logistik funktionelle Arbeitskleidung zur Verfügung. Dazu gehörten u. a. rote Arbeitsschutzhosen, die in den genannten Bereichen zu tragen waren. Nachdem der Kläger im November 2023 auch nach zwei Abmahnungen weiterhin nicht in der roten Arbeitshose erschien, sondern weiterhin eine schwarze Hose trug, kündigte die Beklagte am 27.11.2023 das Arbeitsverhältnis ordentlich fristgerecht zum 29.2.2024.

Die gegen diese Kündigung vom Kläger erhobene Kündigungsschutzklage blieb wie bereits bei dem ArbG Solingen auch vor der 3. Kammer des LAG Düsseldorf erfolglos. Die Arbeitgeberin war aufgrund ihres Weisungsrechts berechtigt, Rot als Farbe für die Arbeitsschutzhosen vorzuschreiben. Da das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers nur in der Sozialsphäre betroffen war, genügten sachliche Gründe. Diese hatte die Arbeitgeberin vorgetragen.

Der AGV-Geschäftsführer stellt klar: „Ein maßgeblich berechtigter Aspekt war die Arbeitssicherheit. Die Arbeitgeberin durfte Rot als Signalfarbe wählen, weil der Kläger auch in Produktionsbereichen arbeitete, in denen Gabelstapler fuhren. Aber auch im übrigen Produktionsbereich erhöhte die Farbe Rot die Sichtbarkeit der Beschäftigten. Weiterer sachlicher Grund auf Arbeitgeberseite war die Wahrung der Corporate Identity in den Werkshallen. Überwiegende Gründe vermochte der Kläger, welcher die rote Arbeitshose zuvor langjährig getragen hatte, weder schriftsätzlich noch im Termin vorzubringen. Sein aktuelles ästhetisches Empfinden betreffend die Hosenfarbe genügte nicht. “

Die Interessenabwägung fiel zulasten des Klägers aus. Nach zwei Abmahnungen und der beharrlichen Weigerung, der Weisung der Beklagten nachzukommen, überwog trotz der langen beanstandungsfreien Beschäftigungsdauer das Beendigungsinteresse der Beklagten. Die ordentliche Kündigung hat das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zum 29.2.2024 beendet. Das Landesarbeitsgericht hat die Revision nicht zugelassen.

Fazit: Das Direktionsrecht des Arbeitgebers umfasst neben Anweisungen zur Ausführung der Arbeitsleistung auch das arbeitsbegleitende Ordnungsverhalten.

  • Auch die Vorgabe einer bestimmten Dienstkleidung kann der Arbeitgeber anweisen, solange er ein berechtigtes Interesse nachweist. Das kann auch der Wunsch nach Wahrung einer bestimmten Corporate Identity sein.
  • Eine Einschränkung des Direktionsrechts erfolgt durch das Persönlichkeitsrecht des Mitarbeiters: Lächerlich wirkende Kleidung wie die Pflicht an einen Verkäufer, ein Tierkostüm zu tragen oder die Anordnung an Mitarbeiterinnen, kurze Röcke zu tragen, sind natürlich nicht erlaubt. Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor.
  • Ganz wichtig: Gibt es im Unternehmen einen Betriebsrat, ist dieser bei der Aufstellung der Kleiderordnung zu beteiligen.

Mit Augenzwinkern fasst der AGV-Geschäftsführer zusammen: „Immerhin zeigt der Fall einmal mehr, dass die Welt – im wahrsten Sinne des Wortes – bunt ist, genau wie das Arbeitsrecht mit seinen mitunter auch kurios anmutenden Fällen. “