Vermehrte Vorlage von gefälschtem Impf-, Genesenen- oder Testnachweisen: Fristlose Kündigung kann drohen

Die Hinweise auf gefälschte Gesundheitszeugnisse  zum „G-Status“ mehren sich. Der Arbeitgeberverband Osthessen e.V. weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass in den vergangenen Tagen gehäuft Fälle gemeldet wurden, in denen Arbeitnehmer zum Nachweis ihres „G-Status“ gefälschte Nachweise vorgelegt haben.

Als AGV-Geschäftsführer erläutert Manfred Baumann dazu: „Der Gebrauch von gefälschten Gesundheitszeugnissen ist gem. §§ 279, 281 Abs. 2 Strafgesetzbuch (StGB) seit dem 24.11.2021 strafbar, ganz gleich, ob dieser Gebrauch gegenüber dem Arbeitgeber, einer Behörde, einer Versicherung oder einem Restaurant erfolgt.“ Ebenso sei es nach dem Gesetz unerheblich, ob der Impf-, Genesenen- oder Testnachweis bereits vor der Gesetzesänderung gefälscht wurde. „Solange er nach der Gesetzesänderung benutzt wird, ist das Vorzeigen strafbar. Dies gilt auch bei dem Vorzeigen im Rahmen der Zutrittskontrollen nach § 28b Abs. 1 IfSG.“

Daneben könnten hierdurch auch die Straftatbestände des § 75a IfSG und des § 276 StGB (Urkundenfälschung) verwirklicht worden sein. „Gemäß § 75a Abs. 3 IfSG kann die Täuschung im Rechtsverkehr von jedem verwirklicht werden, der gefälschte Testnachweise oder Impfbescheinigungen bzw. Genesenenbescheinigungen bewusst vorzeigt.“

Um arbeitsrechtlich auf „der sicheren Seite“ zu sein, empfiehlt Manfred Baumann entsprechende Vorgehensweisen und erläutert die arbeitsrechtliche Bewertung:

1. Einem Arbeitnehmer, der einen gefälschten Impfausweis, Genesenen- oder Testnachweis als Nachweis seines G-Status vorlegt, kann außerordentlich fristlos, hilfsweise ordentlich fristgerecht gekündigt werden. Da in der Regel „nur“ der dringende Verdacht einer Straftat vorliegen wird, sollte vorsorglich zur Tatkündigung auch eine sog. Verdachtskündigung erfolgen. Vor dieser Verdachtskündigung muss dem betreffenden Arbeitnehmer im Wege einer Anhörung Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden.

2. Bitte beachten Sie, dass wegen der Frist des § 626 Abs. 2 BGB die von Ihnen dem Mitarbeiter einzuräumende Frist zur Stellungnahme nur relativ kurz bemessen sein darf, also in der Regel 3 Tage. Wir weisen an dieser Stelle nochmals darauf hin, dass eine fristlose Kündigung nach § 626 Abs. 2 BGB nur innerhalb von 2 Wochen nach Kenntnis des Sachverhalts ausgesprochen werden kann, der die Kündigung rechtfertigen soll. Maßgebend für die Einhaltung der Frist ist das Datum des Zugangs der Kündigung in Schriftform.

3. Einer vorherigen Abmahnung bedarf es in diesem Fall nicht. In der Betriebsratsanhörung muss explizit auf den Verdacht und das Gespräch mit dem Arbeitnehmer bzw. die gegebene Gelegenheit zur Stellungnahme hingewiesen werden. Gegebenenfalls kann eine Strafanzeige gestellt werden.

4. Bis die Echtheit des Nachweises geklärt ist, sollte dem Arbeitnehmer erst nach Durchführung eines Tests nach § 2 Nr. 7 COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung der Zutritt zur Arbeitsstätte gewährt werden. In Betracht kommt auch ggfs. die (unbezahlte) Freistellung des Mitarbeiters bis zur Aufklärung des Sachverhalts.

5. Sollte ein solcher (Verdachts-)Fall bei Ihnen auftreten, empfehlen wir zunächst dringend, sämtliche Nachweise für den Verdacht festzuhalten und eine schriftliche Dokumentation der Umstände (z.B. Gesprächsprotokolle von Zeugenaussagen) durchzuführen.

Abschließend spricht Manfred Baumann eine dringende Empfehlung aus: „Bei diesen Fallgestaltungen wenden Sie sich bitte unverzüglich – wegen der o.g. 2-Wochenfrist nach § 626 Abs. 2 BGB – an uns, um das weitere Vorgehen wie Anhörung des Arbeitnehmers, Betriebsratsanhörung und Ausspruch der Kündigung gemeinsam zu erörtern.“