Zahlreiche arbeitsrechtliche Fragen rund um die Covid-19-Schutzimpfung in Betrieben

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Wie aus einem Rundschreiben des Arbeitgeberverbandes Osthessen hervorgeht, stellen sich durch Impfungen in den Betrieben über allgemeine arbeitsrechtliche Fragen hinaus noch weitere Fragen, die nachfolgend kurz und knapp und dennoch gleichermaßen ausführlich beantwortet werden sollen.

Darf der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer verlangen, dass er sich gegen das Corona-Virus impfen lässt?

Der Arbeitgeber kann eine Impfung grundsätzlich nicht verlangen, es sei denn sie ist gesetzlich für bestimmte Beschäftigtengruppen vorgeschrieben. Dies ist bei der Corona-Schutzimpfung nicht der Fall. Der Grundsatz der Freiwilligkeit gilt auch mit Blick auf § 23a IfSG.

Kann der Arbeitgeber Maßnahmen gegen den Arbeitnehmer ergreifen, wenn sich dieser nicht gegen das Corona-Virus impfen lassen möchte?

Da es keine gesetzliche Impfpflicht gibt, kann der Arbeitgeber keine Maßnahmen gegen diejenigen ergreifen, die nicht geimpft sind oder es nicht vorhaben. Der Arbeitgeber bleibt daher arbeitsvertraglich zur Beschäftigung – mit oder ohne Impfung – verpflichtet. Sollte ein Arbeitgeber gleichwohl eine vertragsgemäße Beschäftigung von einer Impfung abhängig machen und beispielsweise den Zutritt zum Betrieb oder einem Betriebsteil verweigern, gerät er unter Umständen in den sogenannten Annahmeverzug (§ 615 Satz 1 BGB). Bieten Beschäftigte ihre Arbeit ansonsten ordnungsgemäß an, muss der Arbeitgeber die Vergütung dennoch zahlen.

Kann eine Impfpflicht gegen das Corona-Virus im Arbeitsvertrag festgelegt werden?

Eine solche Klausel wird nach § 307 BGB als unangemessene Benachteiligung unwirksam sein. Eine unangemessene Benachteiligung des Beschäftigten lässt sich vor allem mit der fehlenden gesetzlichen Impfpflicht begründen.

Darf eine Impfpflicht gegen das Corona-Virus im Betrieb auf Grundlage einer Betriebsvereinbarung eingeführt werden?

Betriebsparteien haben bei ihren Regelungen die grundgesetzlich geschützten Persönlichkeitsrechte der Beschäftigten zu beachten. Das folgt ausdrücklich aus § 75 Abs. 2 BetrVG. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht und das Recht auf körperliche Unversehrtheit der Beschäftigten aus Art. 2 Abs. 1 und 2 GG überwiegt i.d.R. die grundgesetzlich geschützte Rechtspositionen des Arbeitgebers gemäß Art. 12 und 14 GG. Deshalb scheidet die Regelung einer Impfpflicht gegen das Corona-Virus in einer Betriebsvereinbarung grundsätzlich aus. Die Festlegung einer Impfpflicht gegen das Corona-Virus per Betriebsvereinbarung kommt allenfalls nur dann in Betracht, wenn die Impfung Voraussetzung für die ordnungsgemäße Erbringung der Arbeitsleistung ist (z.B. im Gesundheitswesen).

Allerdings können die Betriebsparteien regeln, dass Beschäftigte, welche freiwillig von ihrem Anspruch auf eine Corona-Schutzimpfung Gebrauch machen wollen, dafür bezahlt von der Arbeit freigestellt werden.

Kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den Zugang zum Betrieb oder sozialen Einrichtungen des Betriebs, etwa der Kantine, verweigern, wenn er nicht gegen das Corona-Virus geimpft ist?

Verweigert der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer wegen fehlender Corona-Schutzimpfung den Zugang in den Betrieb, steht dem Arbeitnehmer gem. § 615 Satz 1 BGB ein Anspruch auf Annahmeverzugslohn zu. Darüber hinaus kann der Arbeitnehmer seinen Anspruch auf Beschäftigung auch im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes durchsetzen.

Einrichtungen, die arbeitsschutzrechtlich zwingend vorgeschrieben sind, wie Sanitäranlagen und Pausenräume, müssen allen Arbeitnehmern offenstehen. Der Arbeitgeber kann die Nutzung dieser Einrichtungen nicht von der SARS-CoV-2-Impfung abhängig machen.

Bei besonderen Einrichtungen z.B. einer Kantine werden in der aktuellen Rechtsdiskussion unterschiedliche Standpunkte vertreten. Zum Teil wird die Differenzierung beim Zugang zu einer Kantine oder sonstigen besonderen Pauseneinrichtungen (wie. z. B. zur Tischtennisplatte etc.) mit dem „Hausrecht“ des Arbeitgebers bezüglich solcher Einrichtungen begründet. Aufgrund seines „Hausrechts“ könne der Arbeitgeber frei entscheiden, wem er Zugang gewährt und wem nicht.

Gegen diese Auffassung sprechen aber gewichtige Gründe: Eine Verweigerung des Zugangs für Nichtgeimpfte verstößt gegen das arbeitsrechtliche Maßregelungsverbot aus § 612a BGB. Das Maßregelungsverbot verbietet nicht nur die Benachteiligung von Beschäftigten, welche in zulässiger Weise ihre Rechte (z.B. Anspruch auf Schutzimpfung) ausüben, sondern erst recht auch den umgekehrten Fall der Benachteiligung von Beschäftigten, welche ihren Anspruch (auf Schutzimpfung) freiwillig nicht wahrnehmen wollen.

Außerdem stellt die Abfrage bei Ausübung des Hausrechts, ob (k)eine Impfung vorliegt, eine unzulässige Datenverarbeitung dar (siehe unten unter Frage 7.). Hierin liegt der grundlegende Unterschied zu einer auf das Hausrecht gestützten allgemeinen Anordnung, dass ein Eintritt nur bei Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes gestattet ist: Mit einer solchen Anordnung ist nämlich keine Verarbeitung von personenbezogenen (Gesundheits-) Daten verbunden.

Bei der Festlegung des begünstigten Personenkreises für eine Kantinennutzung ist außerdem das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates gem. § 87 Abs. 1 Nr.8 BetrVG zu beachten.

Wie verhält es sich mit der Maskenpflicht im Betrieb, wenn es ein Impfangebot für alle gibt?

Auch wenn die Impfquote in der Bevölkerung in den kommenden Monaten stetig ansteigen wird, haben Arbeitgeber nach wie vor dafür Sorge zu tragen, dass ihre Mitarbeiter am Arbeitsplatz ausreichend vor einer Virusinfektion geschützt sind. Schließlich steht aktuell noch nicht mit Sicherheit fest, ob die Corona-Schutzimpfung nur geimpfte Personen selbst vor einer Infektion schützen, diese aber weiterhin das Virus aufnehmen und weiterverbreiten können, oder ob die Impfung eine sogenannte sterile Immunität bewirkt und somit auch die Ansteckung weiterer Personen verhindert.

Arbeitgeber müssen also weiterhin Maßnahmen ergreifen, um die Gefahr der Ansteckung am Arbeitsplatz zu minimieren. Sollte eine Arbeit aus dem Homeoffice nicht möglich sein – was insbesondere bei Produktionsbereichen der Fall sein wird –, müssen sie den Betriebsablauf vor Ort entsprechend anpassen. Dabei gilt ein abgestuftes Schutzkonzept, das sich wie folgt gliedert: Zunächst sind technische Maßnahmen zur Gestaltung des Arbeitsplatzes zu ergreifen. Sofern notwendig, folgen organisatorische Maßnahmen, die sich zum Beispiel auf die Lage von Arbeits- oder Pausenzeiten beziehen können. Wenn technische und organisatorische Maßnahmen nicht genügen, schließen sich personenbezogene Maßnahmen an, worunter etwa die Anordnung zum Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung fällt.

Muss der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber eine Auskunft darüber geben, ob er gegen das Corona-Virus geimpft ist?

Der Nachweis über eine (Nicht-)Impfung ist eine personenbezogene Information. Eine solche personenbezogene Information ist nur dann zulässig, wenn sie zur Durchführung des Arbeitsverhältnisses i.S.d. § 26 Abs. 1 BDSG oder Art. 6 Abs. 1 c DSGVO erforderlich ist. Solange keine gesetzliche Impflicht besteht, ist ein Nachweis über eine Corona-Schutzimpfung daher mangels Erforderlichkeit für die ordnungsgemäße Durchführung der Arbeitsleistung unzulässig. Somit liegen bereits die allgemeinen Voraussetzungen für eine Datenverarbeitung nicht vor.

Hinzukommt, dass es sich bei der Information über eine Impfung um ein „sensibles“ Gesundheitsdatum handelt, dass gem. Art. 9 Abs. 1 DSGVO besonders geschützt ist. Gesundheitsdaten sind solche personenbezogenen Daten, welche Rückschlüsse auf die körperliche oder geistige Gesundheit einer natürlichen Person zulassen. Eine Verarbeitung ist grundsätzlich untersagt. Ausnahmen müssen gesetzlich geregelt und im öffentlichen Interesse sein.

In der deutschen Rechtsordnung wird der Schutz von Infektionskrankheiten maßgeblich durch das Infektionsschutzgesetz gewährleistet, welches durch das Masernschutzgesetz Änderungen erfahren hat.

In § 23a IfSG heißt es dazu:

„Soweit es zur Erfüllung von Verpflichtungen aus § 23 Absatz 3 (IfSG) in Bezug auf übertragbare Krankheiten erforderlich ist, darf der Arbeitgeber personenbezogene Daten eines Beschäftigten über dessen Impf- und Serostatus verarbeiten, um über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses oder über die Art und Weise einer Beschäftigung zu entscheiden. Dies gilt nicht in Bezug auf übertragbare Krankheiten, die im Rahmen einer leitliniengerechten Behandlung nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft nicht mehr übertragen werden können. Im Übrigen gelten die Bestimmungen des allgemeinen Datenschutzrechts.“

Begrenzt ist diese Abfragemöglichkeit aber u.a. auf die in § 1 Abs. 2 IfSG genannten Gemeinschaftseinrichtungen (Kitas, Horte, bestimmte Formen der Kindertagespflege, Schulen und sonstigen Ausbildungseinrichtungen, Kinderheime, Ferienlager gem. § 33 IfSG), Lebensmitteleinrichtungen, Gesundheitseinrichtungen.

Antwort ist deshalb: Nein, diese Auskunft schuldet der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber bei der Corona-Schutzimpfung nicht. Von der gesetzlich geregelten Masernimpfpflicht abgesehen ist Impfen Privatsache der Beschäftigten.

Hinweis:

Es ist zu beachten, dass die Corona-Schutzimpfung allein der Prävention dient, aber keinen Nachweis über eine akute Infektion und eine deswegen unmittelbar ausgehende Gefahr vermittelt. Dies unterscheidet den Impfnachweis wesentlich von dem Corona-(Schnell-)Test.

Darf der Arbeitnehmer einen Impftermin während der Arbeitszeit wahrnehmen? Muss der Arbeitgeber des Arbeitnehmers dafür freistellen?

Grundsätzlich sind Beschäftigte angehalten, Termine der Gesundheitsvorsorge nach Möglichkeit außerhalb der Arbeitszeit zu legen. Sofern dies möglich ist, besteht kein Freistellungsanspruch. Im Falle der Corona-Schutzimpfung ist jedoch zu erwarten, dass Beschäftigte wenig Spielraum bei der Terminvergabe haben. Werden der impfberechtigten und impfwilligen Person ausschließlich Termine während der Arbeitszeit angeboten, besteht das Recht, für den Termin der Arbeit fernzubleiben. Fehlt eine entsprechende betriebliche Regelung, muss die Terminwahrnehmung vorab mit dem Arbeitgeber abgestimmt werden.

Hat der Arbeitnehmer, wenn er den Impftermin während der Arbeitszeit wahrnehmen muss, Anspruch auf Vergütung?

Wenn keine Terminvergabe außerhalb der Arbeitszeit möglich ist, greift der Grundsatz, dass Beschäftigte ihr Recht auf Vergütung nicht verlieren, wenn sie vorübergehend an der Arbeitsleistung ohne eigenes Verschulden verhindert sind (§ 616 Satz 1 BGB). Diese Regelung kann aber vertraglich (durch Tarif- oder Arbeitsverträge) verändert oder auch abbedungen werden. Zahlreiche Tarifverträge und Einzelverträge schließen diesen Anspruch aus. Es kommt daher stets darauf an, was in den für auf das jeweilige Arbeitsverhältnis anwendbaren Vereinbarungen geregelt ist.

Hat es für den Arbeitnehmer rechtliche Konsequenzen, wenn er sich nicht gegen das Coronavirus impfen lässt, obwohl ihm eine Impfung angeboten wurde?

Der Arbeitgeber kann die fehlende Schutzimpfung nicht sanktionieren, da es derzeit weder eine gesetzliche Impfpflicht gibt, noch kann diese vom Arbeitgeber eingeführt werden (vgl. oben unter Frage 2.).

Rechtliche Nachteile sind allerdings im Zusammenhang mit der Entschädigungszahlung bei der behördlich angeordneten Quarantäne möglich. Beschäftigte, die durch die Quarantäne einen Verdienstausfall erleiden (etwa dann, wenn sie während der Quarantäne nicht von Zuhause aus arbeiten können), haben zwar grundsätzlich Anspruch auf eine Entschädigung ihres Verdienstausfalls durch den Staat (§ 56 Abs. 1 IfSG). Dieses Recht entfällt aber, wenn die Quarantäneanordnung durch die Inanspruchnahme einer Schutzimpfung, die öffentlich empfohlen wurde, vermeidbar gewesen wäre. Personen, die künftig durch die Schutzimpfung die Quarantäne vermeiden können, laufen daher Gefahr, dass sie das Recht auf Entschädigung verlieren, wenn sie die Impfung ablehnen.

Kann der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern eine Sonderzahlung für den Fall anbieten, dass sie sich freiwillig gegen das Corona-Virus impfen lassen (Impfprämie) und sie dies gegenüber ihrem Arbeitgeber nachweisen?

Ob die Zahlung einer sogenannten Impfprämie zulässig ist, ist noch nicht geklärt und umstritten.

Zum Teil wird die Ansicht vertreten, dass eine solche Sonderzahlung gegen das in § 612a BGB verankerte Maßregelungsverbot verstößt. Die Arbeitnehmer sind aufgrund derzeitiger Rechtslage weder zu einer Corona-Schutzimpfung noch zu einem entsprechenden Nachweis auf Verlangen des Arbeitgebers verpflichtet. Daher dürfen die Arbeitgeber Arbeitnehmer, die sich nicht impfen lassen wollen und/oder einen entsprechenden Nachweis hierüber verweigern, nicht von entsprechenden Prämien oder anderen Sonderleistungen ausschließen.

Die Gegenauffassung sieht in einer sogenannten Impfprämie hingegen keinen Verstoß gegen das Maßregelungsverbot. Insoweit wird eine Parallele bezüglich der Rechtsprechung zur Anwesenheitsprämie, die geringe krankheitsbedingte Fehlzeiten „belohnt“, gezogen. Mit einer Anwesenheitsprämie will der Arbeitgeber die Mitarbeiter dazu bewegen, mit einer höheren Wahrscheinlichkeit arbeitsfähig zu bleiben. Dies hat das Bundesarbeitsgericht für zulässig angesehen.

Anders als eine Anwesenheitsprämie zielt die Impfprämie nicht auf die Arbeitsfähigkeit, sondern auf den Gesundheitsschutz der im Betrieb Mitarbeitenden ab. Insoweit kann nach diesseitiger Auffassung die Rechtsprechung zur Anwesenheitsprämie nicht eins zu eins auf eine Impfprämie übertragen werden.

Demzufolge besteht derzeit ein nicht unerhebliches Risiko, dass der Arbeitgeber an die Arbeitnehmer, die eine Impfung und den entsprechenden Nachweis hierüber verweigern, die Impfprämie nachzuzahlen hat. Dies sollte bei der Entscheidung für die Auslobung einer entsprechenden Sonderleistung beachtet werden.

Hinweis:

Zu beachten ist ferner, dass die Einführung einer Impfprämie mitbestimmungspflichtig sein kann und am allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz zu messen ist. Eine Diskriminierung im Sinne des AGG kann z.B. bei Schwangeren und Schwerbehinderten (z.B. Krebspatienten, verschiedene Autoimmunkrankheiten), die sich aus heutiger Sicht nicht impfen lassen dürfen oder bei Personen, die aus religiösen Gründen eine Impfung ablehnen, in Betracht kommen.

Kann der Arbeitgeber im Falle einer wegen fehlender Impfung eintretenden Corona-Erkrankung die Entgeltfortzahlung gem. § 3 EFZG verweigern?

Nein, das kann er nicht. Zwar sind in der Rechtsprechung Fälle des „Verschuldens gegen sich selbst“ anerkannt, bei denen eine Pflicht zur Entgeltfortzahlung ausgeschlossen ist. Eine Impfung, die eine Erkrankung ohnehin nicht mit letzter Sicherheit ausschließt, ist jedoch nicht gesetzlich verpflichtend. Daher kann der Arbeitgeber die Pflicht zur Entgeltfortzahlung im Falle einer Corona-Erkrankung wegen fehlender Impfung nicht verweigern.

Allerdings drohen rechtliche Nachteile im Zusammenhang mit der Entschädigungszahlung bei der behördlich angeordneten Quarantäne. Erleiden Arbeitnehmer einen Verdienstausfall wegen einer behördlich angeordneten Quarantäne, haben sie gem. § 56 Abs. 1 IfSG grundsätzlich einen Anspruch auf eine Entschädigung. Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 3 IfSG besteht indessen kein Anspruch für denjenigen, der durch Inanspruchnahme einer Schutzimpfung, die öffentlich empfohlen wurde, ein Tätigkeitsverbot hätte vermeiden können.

Wer hat Anspruch auf die Corona-Schutzimpfung durch Ärzte im Betrieb?

Mit der Neufassung der Coronavirus-Impfordnung (CoronaImpfV) wurde die Priorisierung für die Schutzimpfung ab dem 7. Juni 2021 aufgehoben. Damit besteht ab diesem Zeitpunkt für alle Personen, unabhängig von ihrem Alter, ihres Gesundheitszustandes sowie ihrer beruflichen Tätigkeit und eines damit zusammenhängenden signifikant erhöhten Risikos für einen schweren oder tödlichen Krankheitsverlauf, ein Anspruch auf eine Schutzimpfung gegen das Corona-Virus SARS-CoV-2.4

Mit dem Wegfall der Impfpriorisierung sind demzufolge alle Beschäftigten im Rahmen der betrieblichen Impfungen anspruchsberechtigt. Das gilt auch für Grenzgänger und Saisonmitarbeiter, die bisher keinen Anspruch auf eine Impfung hatten (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 CoronaImpfV).

Haften Arbeitgeber für Impfschäden, die Beschäftigte als Folge einer betrieblich organisierten Impfung erleiden?

Mit einer vergleichbaren Frage – zur betrieblich durchgeführten Grippeschutzimpfung – hat sich das Bundesarbeitsgericht (BAG) bereits in seiner Entscheidung vom 21.12.-2017 (Az.: 8 AZR 853/16) auseinandergesetzt. Das BAG entschied, dass der Arbeitgeber gegenüber Arbeitnehmern, die im Betrieb an einer Grippeschutzimpfung teilgenommen haben, nicht für einen Impfschaden haftet, da er selbst keine Aufklärungspflichten gegenüber den Beschäftigten hat. Zwischen den Arbeitnehmern und dem Arbeitgeber kommt kein Behandlungsvertrag zustande, aus dem der Arbeitgeber zur Aufklärung verpflichtet wäre. Auch aufgrund des zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestehenden Arbeitsverhältnisses ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, die Mitarbeiter über mögliche Risiken der Impfung aufzuklären und muss sich deshalb auch einen etwaigen Verstoß des die Impfung durchführenden Arztes gegen seine Aufklärungspflicht nicht zurechnen lassen. Der Arbeitgeber ist lediglich zur ordnungsgemäßen Auswahl der durchführenden Person verpflichtet. Weitergehende Verpflichtungen bestehen nicht. Insbesondere ist der Arbeitgeber auch nicht zur Überwachung des Betriebsarztes bei der Ausführung der Grippeschutzimpfung verpflichtet.

Für den Fall von Corona-Schutzimpfungen dürfte nichts anderes gelten. Auch hier handelt es sich um freiwillige Impfungen im Rahmen der präventiven allgemeinen Gesundheitsvorsorge. Die Anwendung der oben genannten BAG-Rechtsprechung auf im Betrieb durchgeführte Corona-Schutzimpfungen wird aus unserer Sicht zusätzlich dadurch unterstützt, wenn

– in den Einladungen ausdrücklich auf die Freiwilligkeit der Impfungen hingewiesen wird,

– durch den Arzt erfolgen und

– der Arbeitgeber die ordnungsgemäße Auswahl der die Impfung durchführenden Person dokumentiert.

In der Begründung des Referenzenentwurfs zur Verordnung zum Anspruch auf Schutzimpfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 (Coronavirus-Impfverordnung – CoronaImpfV) vom 19. Mai 2021 weist das Bundesministerium für Gesundheit ebenfalls darauf hin, dass der Arbeitgeber bei der Impfung durch Ärzte im Betrieb nicht haftet:

„Auch wenn die Impfungen in den Betrieben durchgeführt werden, gelten sie grundsätzlich, insbesondere auch haftungsrechtlich, nicht als betrieblich veranlasst, sondern sind Teil der staatlichen Impfkampagne zum Schutz vor dem Coronavirus SARS-CoV-2. Sie sind für die Anspruchsberechtigten freiwillig; das Erfüllungsverhältnis besteht allein zwischen dem Leistungserbringer (Betriebsarzt) und dem Anspruchsberechtigten.“

Weitere in diesem Zusammenhang aufkommende Fragen beantwortet gerne das Team des Arbeitgeberverbandes Osthessen.